Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 92/50/EWG. Öffentliche Dienstleistungsaufträge. Vergabe ohne öffentliche Ausschreibung. Vergabe des Auftrags an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen. Gerichtlicher Rechtsschutz. Richtlinie 89/665/EWG
Beteiligte
RPL Recyclingpark Lochau GmbH |
Arbeitsgemeinschaft Thermische Restabfall- und Energieverwertungsanlage TREA Leuna |
Tenor
1.
Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der Fassung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, diese in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997, ist dahin auszulegen, dass sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Möglichkeit einer wirksamen und raschen Nachprüfung der Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber sicherzustellen, auch auf Entscheidungen außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens und im Vorfeld einer förmlichen Ausschreibung erstreckt, insbesondere auf die Entscheidung über die Frage, ob ein bestimmter Auftrag in den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 in ihrer geänderten Fassung fällt. Diese Nachprüfungsmöglichkeit steht jedem, der ein Interesse an dem fraglichen Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht, von dem Zeitpunkt an zur Verfügung, zu dem der Wille des öffentlichen Auftraggebers, der Rechtswirkungen entfalten kann, geäußert wird. Die Mitgliedstaaten dürfen daher die Nachprüfungsmöglichkeit nicht davon abhängig machen, dass das fragliche Vergabeverfahren formal ein bestimmtes Stadium erreicht hat.
2.
Beabsichtigt ein öffentlicher Auftraggeber, mit einer Gesellschaft, die sich rechtlich von ihm unterscheidet und an deren Kapital er mit einem oder mehreren privaten Unternehmen beteiligt ist, einen entgeltlichen Vertrag über Dienstleistungen zu schließen, die in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 in der Fassung der Richtlinie 97/52 fallen, so sind die in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge stets anzuwenden.
Tatbestand
In der Rechtssache C-26/03
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG,eingereicht vom Oberlandesgericht Naumburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Januar 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Januar 2003, in dem Verfahren
Stadt Halle,
RPL Recyclingpark Lochau GmbH
gegen
Arbeitsgemeinschaft Thermische Restabfall- und Energieverwertungsanlage TREA Leuna
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, E. Juhász (Berichterstatter), M. Ilešic und E. Levits,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Stadt Halle, vertreten durch Rechtsanwältin U. Jasper,
- der Arbeitsgemeinschaft Thermische Restabfall- und Energieverwertungsanlage TREA Leuna, vertreten durch Rechtsanwalt K. Heuvels,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und D. Petrausch als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,
- der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 23. September 2004,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) in der Fassung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1), diese in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 (ABl. L 328, S. 1) (im Folgenden: Richtlinie 89/665). Ferner betrifft das Vorabentscheidungsersuchen die Auslegung der Artikel 1 Nummer 2 und 13 Absatz 1 der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84) in der Fassung der Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Änderung der Richtlinie 93/38 (ABl. L 101, S. 1) (im Folgenden: Richtlinie 93/38).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Stadt Halle (Deutschland) und der RPL Re...