Entscheidungsstichwort (Thema)
Freier Dienstleistungsverkehr. In einem Mitgliedstaat niedergelassener Rechtsanwalt, der im Einvernehmen mit einem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Rechtsanwalt handelt. Der im Rechtsstreit obsiegenden Partei von der unterlegenen Partei zu erstattende Anwaltskosten. Begrenzung
Beteiligte
Tenor
1. Die Artikel 49 EG und 50 EG sowie die Richtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte sind dahin auszulegen, dass sie einer von der Rechtsprechung eines Mitgliedstaats entwickelten Regel nicht entgegenstehen, wonach die der in einem Rechtsstreit obsiegenden Partei von der unterlegenen Partei zu leistende Erstattung der Kosten der Dienstleistungen, die ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassener Rechtsanwalt erbracht hat, auf die Höhe der Kosten begrenzt ist, die bei Vertretung durch einen im erstgenannten Mitgliedstaat niedergelassenen Rechtsanwalt angefallen wären.
2. Artikel 49 EG und die Richtlinie 77/249 sind dagegen dahin auszulegen, dass sie einer von der Rechtsprechung eines Mitgliedstaats entwickelten Regel entgegenstehen, die vorsieht, dass sich die obsiegende Partei eines Rechtsstreits, in dem sie von einem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Rechtsanwalt vertreten worden ist, von der unterlegenen Partei neben den Kosten dieses Rechtsanwalts nicht auch die Kosten eines bei dem angerufenen Gericht zugelassenen Rechtsanwalts erstatten lassen kann, der nach den maßgeblichen nationalen Rechtsvorschriften im Einvernehmen mit dem erstgenannten Rechtsanwalt handeln musste.
Tatbestand
In der Rechtssache C-289/02
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Oberlandesgericht München (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
AMOK Verlags GmbH
gegen
A & R Gastronomie GmbH
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 12 EG und 49 EG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters P. Jann (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter A. La Pergola und S. von Bahr,
Generalanwalt: J. Mischo,
Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der A & R Gastronomie GmbH, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Hauff und A. Konradsheim,
- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und A. Dittrich als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und C. Schmidt als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der A & R Gastronomie GmbH und der Kommission in der Sitzung vom 19. Juni 2003,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. September 2003
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1.
Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 25. Juli 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 9. August 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung der Artikel 12 EG und 49 EG vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der AMOK Verlags GmbH (im Folgenden: AMOK), einer Gesellschaft deutschen Rechts, und der A & R Gastronomie GmbH (im Folgenden: A&R), einer Gesellschaft österreichischen Rechts, über die Erstattung der Anwaltskosten in dem Fall, dass eine Partei vor Gericht durch einen in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Rechtsanwalt vertreten worden ist.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3.
Die Richtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (ABl. L 78, S. 17, im Folgenden: Richtlinie), die auf der Grundlage der Artikel 57 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 47 EG) und 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) erlassen worden ist, gilt nach ihrem Artikel 1 innerhalb der darin festgelegten Grenzen und unter den darin vorgesehenen Bedingungen für die in Form der Dienstleistung ausgeübten Tätigkeiten der Rechtsanwälte.
4.
Artikel 4 der Richtlinie sieht vor:
(1) Die mit der Vertretung oder der Verteidigung eines Mandanten im Bereich der Rechtspflege oder vor Behörden zusammenhängenden Tätigkeiten des Rechtsanwalts werden im jeweiligen Aufnahmestaat unter den für die in diesem Staat niedergelassenen Rechtsanwälte vorgesehenen Bedingungen ausgeübt, wobei jedoch das Erfordernis eines Wohnsitzes sowie das der Zugehörigkeit zu einer Berufsorganisation in diesem Staat ausgeschlossen sind.
(2) Bei der Ausübung dieser Tätigkeit hält der Rechtsanwalt die Standesregeln des Aufnahmestaats neben den ihm im Herkunftsstaat obliegenden Verpflichtungen ein.
…
5.
Artikel 5 der Richtlinie bestimmt:
Für die Ausübung der Tätigkeiten, die mit der Vertretung und der Verteidigung von Mandanten im Bereich der Rechtspflege verbunden sind, kann ein Mitgliedstaat ...