Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige. Zu- und Abwanderung innerhalb der Gemeinschaft. Anwendung einer nationalen Antikumulierungsvorschrift hinsichtlich der Berechnung einer Hinterbliebenenrente. Leistungen gleicher Art
Normenkette
EWGV 1408/71 Art. 12 Abs. 2, Art. 46a
Beteiligte
Office national des pensions (ONP) |
Tenor
Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung, steht der Anwendung einer Antikumulierungsvorschrift eines Mitgliedstaats nicht entgegen, nach der bei der Berechnung einer aufgrund der Rechtsvorschriften dieses Staates gewährten Hinterbliebenenrente, die auf der Grundlage des Versicherungsverlaufs des verstorbenen Ehegatten berechnet ist, in einem anderen Mitgliedstaat persönlich erworbene Leistungen berücksichtigt werden, die als Altersrenten oder an deren Stelle gewährte Leistungen im Sinne der Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats anzusehen sind. Es ist Sache des nationalen Gerichts, die Einordnung der in Rede stehenden Leistungen zum Zweck der Anwendung der genannten Antikumulierungsvorschrift vorzunehmen.
Gründe
1.
Das Tribunal du travail Charleroi hat mit Urteil vom 7. November 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 21. November 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2), in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung (im folgenden: Verordnung Nr. 1408/71), und von Artikel 46a der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1248/92 des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 136, S. 7; im folgenden: Änderungsverordnung) geänderten Fassung zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Cordelle und dem Office national des pensions (staatliches Rentenamt; im folgenden: ONP) über die Anwendung der belgischen Antikumulierungsvorschriften.
3.
Seit 1989 bezieht Frau Cordelle erstens eine Hinterbliebenenrente der belgischen Rentenversicherung auf der Grundlage eines vollständigen Versicherungsverlaufs als Arbeiter, den ihr verstorbener Ehegatte zurückgelegt hat (nachstehend: belgische Hinterbliebenenrente), und zweitens drei eigene Renten, nämlich eine 5pension de retraite salarié” (Altersrente für Arbeitnehmer) und eine 5pension de retraite indépendant” (Altersrente für Selbständige) zu Lasten der belgischen Sozialversicherung sowie eine Altersrente zu Lasten der französischen Sozialversicherung (nachstehend: französische Altersrente).
4.
Die französische Altersrente ist berechnet auf der Grundlage von 27 Quartalen, die Frau Cordelle als Arbeiterin gearbeitet hat, und 48 Quartalen, die ihr aufgrund der Tatsache, daß sie sechs Kinder großgezogen hat, zuerkannt wurden. Diese Rente war außerdem wegen der Kinder um 10 % erhöht worden.
5.
Am 3. Oktober 1994 verlangte das ONP von Frau Cordelle 42 460 BFR mit der Begründung zurück, bei der Berechnung der belgischen Hinterbliebenenrente im Jahre 1989 sei die französische Altersrente nicht berücksichtigt worden. Nachdem das ONP von der Höhe dieser Altersrente erfahren habe, habe es eine korrekte Berechnung der Hinterbliebenenrente unter Anwendung der Antikumulierungsregelung des Artikels 52 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 über die allgemeine Regelung der Alters- und Hinterbliebenenrenten von Arbeitnehmern (nachstehend: belgische Antikumulierungsvorschrift) vorgenommen.
6.
Diese Bestimmung sieht eine Obergrenze für die Zahlung der Altersrente eines Arbeitnehmers beim Zusammentreffen mit einer oder mehreren Altersrenten oder an deren Stelle gewährten Leistungen nach belgischen oder ausländischen Rechtsvorschriften vor. Diese Obergrenze ist festgesetzt auf 110 % des Betrages der dem überlebenden Ehegatten gewährten Hinterbliebenenrente, multipliziert mit dem umgekehrten Bruch, gegebenenfalls beschränkt auf 1/1, der bei der Berechnung der Altersrente, die als Grundlage für die Berechnung der Hinterbliebenenrente herangezogen wird, zugrunde gelegt wurde.
7.
Frau Cordelle hat die Entscheidung des ONP angefochten und macht geltend, im vorliegenden Fall könne Artikel 52 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 nicht angewandt werden, da die Erhöhung des bei der Berechnung ihrer französischen Altersrente zugrunde gelegten Zeitraums um 48 Quartale keine 5Altersrente oder an de...