Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialpolitik. Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinien zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit. Begriff des Entgelts. Ruhestandsregelung für Beamte
Normenkette
EGV Art. 119 a.F.
Beteiligte
Verfahrensgang
Finnischer Vakuutusoikeus (Finnland) |
Gründe
1.
Das Vakuutusoikeus (Sozialgericht) hat mit Beschluss vom 18. Januar 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 21. September 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) und derRichtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit von Frau Niemi (im Folgenden: Klägerin) gegen den Valtiokonttori (Rentenkasse des Staates), bei dem es um die Rechtmäßigkeit eines bindenden Vorbescheids der Rentenkasse darüber geht, von welchem Alter an sie Anspruch auf eine Altersrente haben wird.
Rechtlicher Rahmen
Das Gemeinschaftsrecht
3.
Artikel 119 Absätze 1 und 2 EG-Vertrag bestimmte:
Jeder Mitgliedstaat wird während der ersten Stufe den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit anwenden und in der Folge beibehalten.
Unter ‚Entgelt’ im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar und unmittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.
4.
Seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam am 1. Mai 1999 bestimmt Artikel 141 EG:
(1) Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.
(2) Unter ‚Entgelt’ im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.
…
5.
Artikel 141 Absätze 1 und 2 Unterabsatz 1 EG stimmt somit im Kern mit Artikel 119 Absätze 1 und 2 EG-Vertrag überein.
6.
Das Protokoll zu Artikel 119 EG-Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (im Folgenden: Barber-Protokoll), das dem EG-Vertrag gemäß dem Vertrag über die Europäische Union als Anhang beigefügt worden ist, bestimmt:
Im Sinne des Artikels 119 gelten Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit nicht als Entgelt, sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben.
7.
Die Richtlinie 79/7 findet gemäß ihrem Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a Anwendung auf die gesetzlichen Systeme, die u. a. Schutz gegen das Risiko des Alters bieten.
8.
Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7 lautet:
Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend:
- den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen,
- die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge,
- die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen.
9.
In Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7 heißt es:
Diese Richtlinie steht nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, Folgendes von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen:
a) die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen.
10.
Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) gilt diese Verordnung für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die Leistungen bei Alter betreffen.
11.
Gemäß Artikel 5 der Verordnung Nr. 1408/71 hat die Republik Finnland in einer gemäß Artikel 97 dieser Verordnung dem Rat notifizierten und veröffentlichtenErklärung (ABl. 1999, C 234, S. 3) n...