Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: VERWALTUNGSGERICHT MAINZ – DEUTSCHLAND. VORABENTSCHEIDUNGSERSUCHEN – BEURTEILUNG DER GUELTIGKEIT – BEZEICHNUNG VON SCHAUMWEINEN – VERBOT DER BEZUGNAHME AUF DAS „METHODE CHAMPENOISE” ODER „CHAMPAGNERVERFAHREN” GENANNTE HERSTELLUNGSVERFAHREN. 1. Vorabentscheidungsverfahren ° Zuständigkeit des Gerichtshofes ° Grenzen ° Offensichtlich unerhebliche Frage (EWG-Vertrag, Artikel 177). 2. Landwirtschaft ° Gemeinsame Marktorganisation ° Wein ° Bezeichnung und Aufmachung der Weine ° Schaumweine ° Angabe des méthode champenoise oder Champagnerverfahren genannten Herstellungsverfahrens ° Verbot für Weine, die nicht die Ursprungsbezeichnung Champagne tragen dürfen ° Eigentumsrecht ° Freie Berufsausübung ° Gleichbehandlung ° Verstoß ° Nichtvorliegen ° Ermessen der Organe (Verordnung Nr. 2333/92 des Rates, Artikel 6 Absatz 5 Unterabsätze 2 und 3)
Leitsatz (amtlich)
1. Ein nationales Gericht, vor dem eine Frage nach der Gültigkeit einer Rechtshandlung eines Gemeinschaftsorgans aufgeworfen wird, hat darüber zu befinden, ob für seine Entscheidung eine Klärung dieses Punktes erforderlich ist, und folglich den Gerichtshof zu ersuchen, über diese Frage zu erkennen. Diesem obliegt es dann im Rahmen der durch Artikel 177 begründeten engen Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten, die vom nationalen Gericht gestellte Frage zu beantworten, es sei denn, für ihn wäre keinerlei Zusammenhang zwischen der gestellten Frage und der Wirklichkeit oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits erkennbar.
2. Das Verbot der Verwendung der Bezugnahme auf das méthode champenoise oder Champagnerverfahren genannte Herstellungsverfahren, das in Artikel 6 Absatz 5 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 2333/92 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure enthalten ist, kann nicht als Eingriff in ein angebliches Eigentumsrecht eines bestimmten Weinherstellers angesehen werden, da die Angabe méthode champenoise ein Hinweis ist, der vor Erlaß der Verordnung von allen Schaumweinherstellern verwendet werden konnte.
Es greift auch nicht in den Wesensgehalt des Rechts auf freie Berufsausübung der Weinhersteller ein, die künftig auf die Verwendung der genannten Bezugnahme verzichten müssen, da es nur die Modalitäten der Ausübung eines solchen Rechts betrifft, ohne dessen Bestand selbst zu gefährden, und ist daher zulässig, soweit mit ihm ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel verfolgt wird, es keinen unverhältnismässigen Eingriff in die Situation der genannten Erzeuger darstellt und damit in das Ermessen fällt, über das der Rat auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik verfügt.
Insoweit ist offensichtlich, daß der Rat zur Erreichung des dem Gemeinwohl dienenden Ziels, das der Schutz der Ursprungsbezeichnungen und geographischen Herkunftsangaben von Wein darstellt, es als wesentlich ansehen konnte, daß zum einen der Endverbraucher genau informiert wird und daß zum anderen der Hersteller für sein eigenes Erzeugnis keinen Nutzen aus dem Ansehen eines ähnlichen Erzeugnisses ziehen kann, das die Hersteller aus einem anderen Gebiet begründet haben. Dazu führte das von ihm aufgestellte Verbot, neben dem er überdies zur Berücksichtigung der Situation der davon betroffenen Hersteller Übergangsregelungen erließ und die Möglichkeit vorsah, auf Alternativangaben zurückzugreifen.
Das streitige Verbot verstösst ausserdem nicht gegen den Gleichheitssatz, da der Umstand, daß bestimmte Hersteller die Ursprungsbezeichnung Champagne verwenden dürfen, ein objektives Merkmal darstellt, das eine unterschiedliche Behandlung gegenüber den Schaumweinherstellern rechtfertigt.
Normenkette
EWGVtr Art. 177; EWGV 2333/92 Art. 6 Abs. 5 Unterabs. 2; EWGV 2333/92 Art. 6 Abs. 5 Unterabs. 3
Beteiligte
Tenor
Die Prüfung der Vorabentscheidungsfrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 6 Absatz 5 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2333/92 des Rates vom 13. Juli 1992 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure beeinträchtigen könnte.
Gründe
1 Das Verwaltungsgericht Mainz hat mit Beschluß vom 25. März 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juni 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Gültigkeit von Artikel 6 Absatz 5 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2333/92 des Rates vom 13. Juli 1992 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure (ABl. L 231, S. 9) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der SMW Winzersekt GmbH (nachstehend: Klägerin) und dem Land Rheinland-Pfalz über die Verwendung der Angabe „Flaschengärung im Champagnerverfahren” zur Bezeichnung bestimmter Qualitätsschaumweine bestimmter Anbaugebiete (nachstehend: Qualitätsschaumweine b. A.) nach dem 31. August 19...