Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Sicherheit. In einem anderen Mitgliedstaat entstandene Krankenhauskosten. Reise-, Aufenthalts- und Verpflegungskosten. Artikel 22 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71
Beteiligte
Servicio Cántabro de Salud |
Tenor
1. Artikel 22 Absätze 1 Buchstabe c und 2 sowie Artikel 36 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einem Versicherten, der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort eine seinem Gesundheitszustand angemessene Krankenhausbehandlung zu erhalten, außer hinsichtlich der Kosten seiner Unterbringung und Verpflegung im Krankenhaus keinen Anspruch gegen diesen Träger auf Ersatz der Reise-, Aufenthalts- und Verpflegungskosten verleihen, die ihm und der ihn begleitenden Person entstanden sind.
2. Eine nationale Regelung, die für den Fall des Buchstabens a, jedoch nicht den des Buchstabens c des Artikels 22 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung einen Anspruch auf Leistungen vorsieht, die zu den in dieser Vorschrift vorgesehenen hinzukommen, beeinträchtigt nicht die unmittelbare Wirkung dieses Artikels und verstößt nicht gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit aus Artikel 10 EG.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Cantabria (Spanien) mit Entscheidung vom 1. Oktober 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 3. November 2004, in dem Verfahren
Manuel Acereda Herrera
gegen
Servicio Cántabro de Salud
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Schiemann, der Richterin N. Colneric sowie der Richter K. Lenaerts (Berichterstatter) und E. Juhász,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen:
- der spanischen Regierung, vertreten durch E. Braquehais Conesa und J. M. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch M. Wimmer als Bevollmächtigten,
- Irlands, vertreten durch D. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von N. Hyland, BL,
- der zyprischen Regierung, vertreten durch C. Lycourgos als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch E. Buczkowska und T. Nowakowski als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Nwaokolo als Bevollmächtigte im Beistand von S. Lee, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Vidal und D. Martin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Januar 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 22 und 36 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu und abwandern (ABl. L 149, S. 2), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) sowie der Artikel 10 EG, 12 EG, 49 EG, 81 EG, 82 EG, 87 EG und 249 EG.
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits aufgrund der Weigerung des Servicio Cántabro de Salud (Gesundheitsdienst der Autonomen Gemeinschaft Kantabrien, im Folgenden: SCS), die Reise-, Aufenthalts- und Verpflegungskosten, die dem in Spanien wohnenden Herrn Acereda Herrera (im Folgenden: Kläger) für eine in Frankreich gewährte Krankenhausbehandlung entstanden sind, und die einem ihn begleitenden Familienangehörigen entstandenen Kosten zu übernehmen.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71, „Aufenthalt außerhalb des zuständigen Staates – Rückkehr oder Wohnortwechsel in einen anderen Mitgliedstaat während eines Krankheits- oder Mutterschaftsfalles – Notwendigkeit, sich zwecks angemessener Behandlung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben”, bestimmt:
„(1) Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger, der die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, erfüllt und
a) dessen Zustand während eines Aufenthalts im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats unverzüglich Leistungen erfordert oder
…
c) der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eine...