Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 2000/78/EG. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Umfang. Tarifvertrag, der die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, wenn der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet und Anspruch auf eine Altersrente hat. Diskriminierung aufgrund des Alters. Rechtfertigung
Beteiligte
Félix Palacios de la Villa |
Tenor
Das in der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf konkretisierte Verbot jeglicher Diskriminierung wegen des Alters ist dahin gehend auszulegen, dass es einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die in Tarifverträgen enthaltene Klauseln über die Zwangsversetzung in den Ruhestand für gültig erklärt, in denen als Voraussetzung lediglich verlangt wird, dass der Arbeitnehmer die im nationalen Recht auf 65 Jahre festgesetzte Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand erreicht hat und die übrigen sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer beitragsbezogenen Altersrente erfüllt, sofern
- diese Maßnahme, auch wenn sie auf das Alter abstellt, objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, das in Beziehung zur Beschäftigungspolitik und zum Arbeitsmarkt steht, gerechtfertigt ist und
- die Mittel, die zur Erreichung dieses im Allgemeininteresse liegenden Ziels eingesetzt werden, nicht als dafür unangemessen und nicht erforderlich erscheinen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Juzgado de lo Social n° 33 de Madrid (Spanien) mit Entscheidung vom 14. November 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 22. November 2005, in dem Verfahren
Félix Palacios de la Villa
gegen
Cortefiel Servicios SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts und A. Tizzano, der Richter R. Schintgen (Berichterstatter) und J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta, des Richters M. Ilešič, der Richterin P. Lindh sowie der Richter J.-C. Bonichot und T. von Danwitz,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Palacios de la Villa, vertreten durch P. Bernal de Pablo Blanco, abogado,
- der Cortefiel Servicios SA, vertreten durch D. López González, abogado,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,
- Irlands, vertreten durch D. J. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von N. Travers und F. O'Dubhghaill, BL, sowie durch M. McLaughlin und N. McCutcheon, Solicitors,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster, M. de Mol und P. P. J. van Ginneken als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von A. Dashwood, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Enegren und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Februar 2007
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 EG sowie von Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Palacios de la Villa und seiner Arbeitgeberin, der Cortefiel Servicios SA (im Folgenden: Cortefiel), wegen der automatischen Beendigung seines Arbeitsvertrags aufgrund der Tatsache, dass er die im nationalen Recht auf 65 Jahre festgelegte Altersgrenze für die Zwangsversetzung eines Arbeitnehmers in den Ruhestand erreicht hatte.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Die Richtlinie 2000/78 wurde auf der Grundlage von Art. 13 EG erlassen. Ihre Erwägungsgründe 4, 6, 8, 9, 11 bis 14, 25 und 36 lauten:
„(4) Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung ist ein allgemeines Menschenrecht; dieses Recht wurde in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, im VN-Übereinkommen zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, im Internationalen Pakt der VN über bürgerliche und politische Rechte, im Internationalen Pakt der VN über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannt, die von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden. Das Übereinkommen 111 der Internationalen Arbeitsorganisation untersagt Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf.
…
(6) In der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitne...