Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BELGISCHEN CONSEIL D'ETAT. 1. NIEDERLASSUNGSFREIHEIT – BESCHRÄNKUNGEN – AUFHEBUNG – ÜBERGANGSZEIT – ABLAUF – GRUNDSATZ DER INLÄNDERBEHANDLUNG – UNMITTELBARE GELTUNG (EWG-VERTRAG, ARTIKEL 7, 8 ABSATZ 7 UND 52). 2. NIEDERLASSUNGSFREIHEIT – AUSNAHME – ANWENDUNGSBEREICH – BEGRENZUNG – ÖFFENTLICHE GEWALT – AUSÜBUNG – UNMITTELBARE UND SPEZIFISCHE TEILNAHME – RECHTSANWÄLTE – TYPISCHE TÄTIGKEITEN NICHT BETROFFEN (EWG-VERTRAG, ARTIKEL 55)
Leitsatz (amtlich)
1. DER GRUNDSATZ DER INLÄNDERBEHANDLUNG IST EINER DER GRUNDLEGENDEN RECHTSSÄTZE DER GEMEINSCHAFT. ALS VERWEISUNG AUF DIE GESAMTHEIT DER VOM AUFNAHMESTAAT AUF DIE EIGENEN STAATSANGEHÖRIGEN TATSÄCHLICH ANGEWANDTEN RECHTSVORSCHRIFTEN IST DIESER GRUNDSATZ SEINEM WESEN NACH GEEIGNET, VON DEN ANGEHÖRIGEN ALLER ÜBRIGEN MITGLIEDSTAATEN UNMITTELBAR GELTEND GEMACHT ZU WERDEN. SOWEIT ER DAS ENDE DER ÜBERGANGSZEIT ALS ZEITPUNKT FÜR DIE HERSTELLUNG DER NIEDERLASSUNGSFREIHEIT BESTIMMT, ERLEGT ARTIKEL 52 EINE VERPFLICHTUNG AUF, DEREN ERGEBNIS KLAR UMRISSEN IST UND DEREN ERFÜLLUNG DURCH DIE VERWIRKLICHUNG PROGRAMMATISCH FESTGELEGTER, ABGESTUFTER MASSNAHMEN ZWAR ERLEICHTERT, NICHT ABER BEDINGT WERDEN SOLLTE.
SEIT ABLAUF DER ÜBERGANGSZEIT IST ARTIKEL 52 DES EWG-VERTRAGS EINE UNMITTELBAR GELTENDE BESTIMMUNG, AUCH WENN FÜR BESTIMMTE BEREICHE DIE IN DEN ARTIKELN 54 ABSATZ 2 UND 57 ABSATZ 1 VORGESEHENEN RICHTLINIEN NICHT ERGANGEN SIND.
2. WEGEN DER GRUNDLEGENDEN BEDEUTUNG, DIE IM RAHMEN DES VERTRAGES DIE GRUNDSÄTZE DER NIEDERLASSUNGSFREIHEIT UND DER INLÄNDERBEHANDLUNG HABEN, KÖNNEN DIE IN ARTIKEL 55 ABSATZ 1 ZUGELASSENEN AUSNAHMEN NICHT WEITER REICHEN, ALS DER ZWECK ES ERFORDERT, UM DESSENTWILLEN SIE VORGESEHEN SIND.
DIE IN ARTIKEL 55 ABSATZ 1 DES EWG-VERTRAGS VORGESEHENE AUSNAHME VOM GRUNDSATZ DER NIEDERLASSUNGSFREIHEIT IST AUF DIEJENIGEN IN ARTIKEL 52 BEZEICHNETEN TÄTIGKEITEN ZU BESCHRÄNKEN, DIE FÜR SICH GENOMMEN EINE UNMITTELBARE UND SPEZIFISCHE TEILNAHME AN DER AUSÜBUNG ÖFFENTLICHER GEWALT MIT EINSCHLIESSEN; HIERZU SIND IM RAHMEN EINES FREIEN BERUFES WIE DEM DES RECHTSANWALTES NICHT TÄTIGKEITEN WIE DIE RECHTSBERATUNG UND DER RECHTSBEISTAND ZU RECHNEN, DESGLEICHEN NICHT DIE VERTRETUNG UND DIE VERTEIDIGUNG DES AUFTRAGGEBERS VOR GERICHT, SELBST WENN DAS GESETZ DIE WAHRNEHMUNG DIESER AUFGABEN DURCH DEN RECHTSANWALT ZWINGEND ODER AUSSCHLIESSLICH VORSCHREIBT.
Normenkette
EWGVtr Art. 7, 8 Abs. 7, Art. 52, 55
Beteiligte
Tenor
1. ARTIKEL 52 DES EWG-VERTRAGS IST SEIT ABLAUF DER ÜBERGANGSZEIT EINE UNMITTELBAR GELTENDE BESTIMMUNG, AUCH WENN FÜR BESTIMMTE BEREICHE DIE IN DEN ARTIKELN 54 ABSATZ 2 UND 57 ABSATZ 1 DES VERTRAGES VORGESEHENEN RICHTLINIEN NICHT ERGANGEN SEIN SOLLTEN.
2. DIE IN ARTIKEL 55 ABSATZ 1 DES EWG-VERTRAGS VORGESEHENE AUSNAHME VOM GRUNDSATZ DER NIEDERLASSUNGSFREIHEIT IST AUF DIEJENIGEN IN ARTIKEL 52 BEZEICHNETEN TÄTIGKEITEN ZU BESCHRÄNKEN, DIE FÜR SICH GENOMMEN EINE UNMITTELBARE UND SPEZIFISCHE TEILNAHME AN DER AUSÜBUNG ÖFFENTLICHER GEWALT MIT EINSCHLIESSEN; HIERZU SIND IM RAHMEN EINES FREIEN BERUFES WIE DEM DES RECHTSANWALTES NICHT TÄTIGKEITEN WIE DIE RECHTSBERATUNG UND DER RECHTSBEISTAND ZU RECHNEN, DESGLEICHEN NICHT DIE VERTRETUNG UND DIE VERTEIDIGUNG DES AUFTRAGGEBERS VOR GERICHT, SELBST WENN DAS GESETZ DIE WAHRNEHMUNG DIESER AUFGABEN DURCH DEN RECHTSANWALT ZWINGEND ODER AUSSCHLIESSLICH VORSCHREIBT.
Gründe
1 DER BELGISCHE CONSEIL D' ETAT HAT DEM GERICHTSHOF MIT URTEIL VOM 21. DEZEMBER 1973, BEI DER KANZLEI EINGEGANGEN AM 9. JANUAR 1974, GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG ZWEI FRAGEN VORGELEGT, DIE DIE AUSLEGUNG DER ARTIKEL 52 UND 55 DES EWG-VERTRAGS IM ZUSAMMENHANG MIT DEM NIEDERLASSUNGSRECHT BEI AUSÜBUNG DES RECHTSANWALTSBERUFES BETREFFEN.
2 DIESE FRAGEN SIND DURCH EINE KLAGE AUSGELÖST WORDEN, DIE EIN NIEDERLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGER, INHABER EINES STAATLICHEN DIPLOMS, DAS IN BELGIEN DEN ZUGANG ZUR RECHTSANWALTSCHAFT ERÖFFNET, ERHOBEN HAT, NACHDEM IHM AUFGRUND DER KÖNIGLICHEN VERORDNUNG VOM 24. AUGUST 1970 ÜBER DIE BERUFSBEZEICHNUNG UND DIE AUSÜBUNG DES RECHTSANWALTSBERUFES (MONITEUR BELGE 1970, S. 9060) DIE ZULASSUNG ZUR ANWALTSCHAFT WEGEN SEINER STAATSANGEHÖRIGKEIT VERSAGT WORDEN WAR.
ZUR AUSLEGUNG DES ARTIKELS 52 EWG-VERTRAG
3 DER CONSEIL D' ETAT FRAGT, OB ARTIKEL 52 DES EWG-VERTRAGS, AUCH OHNE DASS DIE IN DEN ARTIKELN 54 ABSATZ 2 UND 57 ABSATZ 1 DES VERTRAGES VORGESEHENEN RICHTLINIEN ERGANGEN SIND, SEIT ABLAUF DER ÜBERGANGSZEIT EINE „UNMITTELBAR GELTENDE BESTIMMUNG” IST.
4/7 DIE BELGISCHE UND DIE IRISCHE REGIERUNG MACHEN AUS WEITHIN ÜBEREINSTIMMENDEN GRÜNDEN GELTEND, EINE DERARTIGE WIRKUNG KÖNNE ARTIKEL 52 NICHT ZUERKANNT WERDEN. SEHE MAN IHN IM GESAMTZUSAMMENHANG DES KAPITELS ÜBER DAS NIEDERLASSUNGSRECHT, AUF DAS DURCH DIE WENDUNG „NACH MASSGABE DER FOLGENDEN BESTIMMUNGEN” AUSDRÜCKLICH HINGEWIESEN WERDE, DANN ENTHALTE DIESER ARTIKEL ANGESICHTS DER KOMPLEXEN ART DES REGELUNGSGEGENSTANDES NICHTS WEITER ALS DIE VERLAUTBARUNG EINES GRUNDSATZES, ZU DESSEN UMSETZUNG IN DIE PRAXIS ...