Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 79/7/EWG. Gleichbehandlung. Altersrente und Altersruhegeld. Berechnungsweise. Rentenalter
Beteiligte
Office National de Pensions (ONP) |
Tenor
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, daß ein Mitgliedstaat, der in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften ein unterschiedliches Rentenalter für männliche und weibliche Arbeitnehmer aufrechterhalten hat, berechtigt ist, die Höhe der Rente je nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers verschieden zu berechnen.
Tatbestand
In der Rechtssache C-154/96
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Tribunal du travail Brüssel (Belgien), in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Louis Wolfs
gegen
Office National de Pensions (ONP)
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 4 Absatz 1 und 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. J. G. Kapteyn sowie der Richter G. F. Mancini, J. L. Murray, H. Ragnemalm (Berichterstatter) und R. Schintgen,
Generalanwalt: M. B. Elmer
Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Louis Wolfs,
- des Office national des pensions (ONP), vertreten durch den Geschäftsführer Gabriel Perl als Bevollmächtigten,
- der belgischen Regierung, vertreten durch Rechtsberaterin Anne-Marie Snyers, Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Marie Wolfcarius, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Louis Wolfs, des Office national des pensions (ONP), vertreten durch Jean-Paul Lheureux, Conseiller adjoint, als Bevollmächtigten, der belgischen Regierung, vertreten durch Anne-Marie Snyers, und der Kommission, vertreten durch Marie Wolfcarius, in der Sitzung vom 22. Januar 1997,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. März 1997,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1.
Das Tribunal du travail Brüssel hat mit Beschluß vom 22. April 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Mai 1996, drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 4 Absatz 1 und 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Louis Wolfs und dem Office national des pensions (ONP) wegen der Berechnung seiner Rente.
3.
Die belgische Königliche Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 über die Alters- und Hinterbliebenenrente der Arbeitnehmer (Moniteur belge vom 27. Oktober 1967, S. 11258), die bis zum 1. Januar 1991 anwendbar war, setzte das normale Rentenalter für Männer auf 65 Jahre und für Frauen auf 60 Jahre fest.
4.
Nach Artikel 10 der Königlichen Verordnung Nr. 50 wurde der Anspruch auf eine Altersrente je Kalenderjahr in Höhe eines nach besonderen Regeln ermittelten Bruchteils des Arbeitsentgelts erworben. Bei Männern betrug die Leistung 1/45 des auf diese Weise ermittelten Arbeitsentgelts und bei Frauen 1/40 dieses Entgelts.
5.
Bei jeder beruflichen Laufbahn, deren Dauer 40 oder 45 Jahre überstieg, wurden die günstigsten Kalenderjahre innerhalb dieses Zeitraums berücksichtigt.
6.
Vom 1. Januar 1991 an konnten aufgrund der Neuregelung durch das Gesetz vom 20. Juli 1990 zur Einführung eines flexiblen Rentenalters für Arbeitnehmer und zur Anpassung der Renten der Arbeitnehmer an die Entwicklung des allgemeinen Wohlstands (Moniteur belge vom 15. August 1990, S. 15875; im folgenden: Gesetz von 1990) sowohl Männer als auch Frauen frühestens vom Ablauf des Monats an, in dem sie das 60. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand treten.
7.
Hinsichtlich der Berechnung der Rente sah das Gesetz von 1990 vor, daß der Anspruch auf die Altersrente pro Kalenderjahr in Höhe eines durch die Königliche Verordnung Nr. 50 festgesetzten Bruchteils des Arbeitsentgelts des Betroffenen erworben wird und daß der Nenner des dabei angewandten Bruchs nach wie vor für Männer 45 und für Frauen 40 beträgt.
8.
Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie verbietet jegliche unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Berechnung der Leistungen einschließlich der Leistungen wegen Alters.
9.
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie, der Ausnahmen von diesem Grundsatz vorsieht, bestimmt allerdings:
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