Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung der Richtlinie 82/76/EWG zur Änderung der Richtlinie 75/362/EWG für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts. Verpflichtung, für die Zeiten der Weiterbildung zum Facharzt eine angemessene Vergütung zu gewähren. Feststellung durch das nationale Gericht, wer als Schuldner zur Zahlung der angemessenen Vergütung verpflichtet ist und wie hoch diese sein muß. „Angemessene Vergütung” von Fachärzten während ihrer Weiterbildung
Beteiligte
Università degli Studi di Bologna |
Ministero dell'Università e della Ricerca Scientifica |
Tenor
Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c und Nummer 1 des Anhangs der Richtlinie 75/363/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten des Arztes in der Fassung der Richtlinie 82/76/EWG des Rates vom 26. Januar 1982 zur Änderung der Richtlinie 75/362/EWG für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr sowie der Richtlinie 75/363 sind wie folgt auszulegen:
- * Die Verpflichtung, für die Zeiten der Weiterbildung zum Facharzt eine angemessene Vergütung zu gewähren, gilt nur für ärztliche Fachgebiete, die allen Mitgliedstaaten bzw. zwei oder mehr von ihnen gemeinsam und in den Artikeln 5 oder 7 der Anerkennungsrichtlinie aufgeführt sind.
- * Diese Verpflichtung ist unbedingt und hinreichend genau, soweit sie vorschreibt, daß ein Facharzt die in der Anerkennungsrichtlinie vorgesehene Regelung der gegenseitigen Anerkennung nur dann in Anspruch nehmen kann, wenn seine Weiterbildung auf Vollzeitbasis erfolgt und vergütet wird.
- * Diese Verpflichtung erlaubt jedoch als solche dem nationalen Gericht nicht die Feststellung, wer als Schuldner zur Zahlung der angemessenen Vergütung verpflichtet ist und wie hoch diese sein muß.
Das nationale Gericht muß jedoch vor dem Erlaß einer Richtlinie wie danach geltende Bestimmungen des nationalen Rechts bei ihrer Anwendung soweit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zweckes dieser Richtlinie auslegen.
Gründe
1.
Die Pretura circondariale Bologna hat mit Beschluß vom 2. Dezember 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 1. April 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Richtlinie 82/76/EWG des Rates vom 26. Januar 1982 zur Änderung der Richtlinie 75/362/EWG für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr sowie der Richtlinie 75/363/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten des Arztes (ABl. L 43, S. 21) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Annalisa Carbonari und 121 anderen Klägern auf der einen und der Università degli Studi di Bologna (Universität Bologna), dem Ministero della Sanità (Minister für das Gesundheitswesen), dem Ministero dell'Università e della Ricerca Scientifica (Minister für Hochschulen und wissenschaftliche Forschung) sowie dem Ministero del Tesoro (Schatzminister) auf der anderen Seite, in dem es um den Anspruch von Ärzten, die sich in der Weiterbildung zum Facharzt befinden, auf eine ”angemessene Vergütung” während ihrer Weiterbildungszeit geht.
Das Gemeinschaftsrecht
3.
Die Richtlinie 75/362/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 (ABl. L 167, S. 1; im folgenden: Anerkennungsrichtlinie) dient der gegenseitigen Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes und enthält Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr. Die Richtlinie 75/363/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 (ABl. L 167, S. 14; im folgenden: Koordinierungsrichtlinie) dient der Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten des Arztes. Diese Richtlinien wurden insbesondere durch die Richtlinie 82/76 geändert.
4.
Die Anerkennungsrichtlinie unterscheidet drei Fallgruppen bei der Anerkennung der fachärztlichen Diplome. Ist das betreffende Fachgebiet allen Mitgliedstaaten gemeinsam, und ist es in der Liste des Artikels 5 Absatz 2 der Richtlinie aufgeführt, so erfolgt die Anerkennung automatisch (Artikel 4). Ist das Fachgebiet zwei oder mehr Mitgliedstaaten gemeinsam, und ist es in Artikel 7 Absatz 2 aufgeführt, so erfolgt die Anerkennung automatisch in diesen Mitgliedstaaten (Artikel 6). Schließlich regelt Artikel 8, daß bei Fachgebieten, die weder in der Aufzählung des Artikels 5 noch in derjenigen des Artikels 7 ...