Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Sozialpolitik. Kurzzeit-Beschäftigte des Kulturbetriebs. Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge. Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge. Begriff der solche Verträge rechtfertigenden ‚sachlichen Gründe’
Normenkette
Richtlinie 1999/70/EG; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge Paragraf 5 Nr. 1
Beteiligte
Tenor
1. Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge verstoßen, dass es Ausnahmen von den Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs beibehalten hat.
2. Das Großherzogtum Luxemburg trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 13. Mai 2014,
Europäische Kommission, vertreten durch J. Enegren und D. Martin als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch D. Holderer als Bevollmächtigte,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. L 175, S. 43) verstoßen hat, dass es Ausnahmen von den Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs (intermittents du spectacle) beibehalten hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Nach Art. 1 der Richtlinie 1999/70 soll mit ihr „die zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und CEEP) geschlossene Rahmenvereinbarung …, die im Anhang enthalten ist, durchgeführt werden”.
Rz. 3
Die Nrn. 6 bis 8 und 10 der Allgemeinen Erwägungen der Rahmenvereinbarung lauten:
„6. Unbefristete Arbeitsverträge sind die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses. Sie tragen zur Lebensqualität der betreffenden Arbeitnehmer und zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit bei.
7. Die aus objektiven Gründen erfolgende Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge hilft Missbrauch zu vermeiden.
8. Befristete Arbeitsverträge sind für die Beschäftigung in bestimmten Branchen, Berufen und Tätigkeiten charakteristisch und können den Bedürfnissen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer entsprechen.
…
10. Diese Vereinbarung überlässt es den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern, die Anwendungsmodalitäten ihrer allgemeinen Grundsätze, Mindestvorschriften und Bestimmungen zu definieren, um so der jeweiligen Situation der einzelnen Mitgliedstaaten und den Umständen bestimmter Branchen und Berufe einschließlich saisonaler Tätigkeiten Rechnung zu tragen.”
Rz. 4
Die Rahmenvereinbarung soll nach ihrem Paragraf 1 u. a. einen Rahmen schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse verhindert.
Rz. 5
Paragraf 5 („Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch”) der Rahmenvereinbarung sieht vor:
„Um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, ergreifen die Mitgliedstaaten nach der gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen oder in dem Mitgliedstaat üblichen Anhörung der Sozialpartner und/oder die Sozialpartner, wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:
- sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen;
- die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder -verhältnisse;
- die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.
Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner legen gegebenenfalls fest, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse:
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