Entscheidungsstichwort (Thema)
Freier Warenverkehr. Artikel 28 EG. Maßnahmen gleicher Wirkung. Ambulanter Verkauf. Abschluss von Zeitschriftenabonnements. Vorherige Genehmigung
Beteiligte
René Alexander Van Der Linden |
Tenor
Artikel 28 EG steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, mit der ein Mitgliedstaat den ambulanten Verkauf von Zeitschriftenabonnements im Inland ohne vorherige Genehmigung unter Strafe stellt, wenn diese Regelung ohne Unterscheidung nach der Herkunft der fraglichen Waren für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gilt, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und soweit sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berührt.
Das vorlegende Gericht hat zu prüfen, ob angesichts des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens die Anwendung des nationalen Rechts sicherstellt, dass die genannte Regelung den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berührt und, falls dies nicht der Fall sein sollte, ob diese Regelung durch ein Ziel des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes gerechtfertigt ist und ob sie in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Ziel steht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Rechtbank van eerste aanleg Brügge (Belgien) mit Entscheidung vom 17. Januar 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Januar 2003, in dem Strafverfahren gegen
Marcel Burmanjer,
René Alexander Van Der Linden,
Anthony De Jong
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter), K. Lenaerts, S. von Bahr und K. Schiemann,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2004,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Burmanjer, Herrn Van Der Linden und Herrn De Jong, vertreten durch A. Van Der Graesen, advocaat,
- des Openbaar Ministerie, vertreten durch G. Billiouw, premier substituut-procureur des Konings,
- der belgischen Regierung, vertreten durch D. Haven als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. van Beek als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Dezember 2004
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 28 EG, 39 EG und 49 EG.
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen die niederländischen Staatsangehörigen Burmanjer, Van Der Linden und De Jong, denen vorgeworfen wird, in Ostende (Belgien) auf einer öffentlichen Straße ohne vorherige Genehmigung Zeitschriftenabonnements für Rechnung der Alpina GmbH (nachstehend: Alpina), einer Gesellschaft deutschen Rechts, verkauft zu haben. Rechtlicher Rahmen
3 Nach Artikel 3 Absatz 1 des Gesetzes vom 25. Juni 1993 über die Ausübung des Wandergewerbes und die Veranstaltung öffentlicher Märkte (Belgisch Staatsblad vom 30. September 1993, S. 21526, nachstehend: Gesetz über die Ausübung des Wandergewerbes), das am 18. Juni 1995 in Kraft getreten ist, ist für die Ausübung eines Wandergewerbes „im Gebiet des Königreiches [Belgien] … eine vorherige Zulassung des Ministers oder des von ihm beauftragten Beamten der Stufe 1 erforderlich. Diese Zulassung [nachstehend: Genehmigung] ist befristet, persönlich und nicht übertragbar”.
4 Nach Artikel 2 Absatz 1 dieses Gesetzes werden „[j]eder Verkauf, jedes Anbieten zum Kauf und jedes Ausstellen im Hinblick auf den Verkauf von Waren an den Verbraucher, die von einem Kaufmann außerhalb der in seiner Handelsregistereintragung erwähnten Niederlassungen oder von einer Person, die nicht über eine solche Niederlassung verfügt, vorgenommen werden, … als Wandergewerbe angesehen”.
5 Gemäß Artikel 5 Nummer 3 des Gesetzes sind von dessen Bestimmungen ausgenommen der „Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften und [Abschluss] von Zeitungsabonnements, sofern es sich um die regelmäßige Bedienung einer festen örtlichen Kundschaft, um Versandhandelsverkäufe und um Verkäufe anhand von Automaten handelt”.
6 Artikel 13 § 1 Nummern 1 und 3 des Gesetzes droht demjenigen, der ein Wandergewerbe ohne vorherige Genehmigung ausübt oder sich nicht an die in der Genehmigung genannten Bedingungen oder Verbote hält, eine Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe oder eine dieser beiden Strafen an.
7 Die Durchführungsbestimmungen zu dem Gesetz wurden mit der Königlichen Verordnung vom 3. April 1995 (Belgisch Staatsblad vom 3. April 1995, S. 16398) erlassen. Danach muss in den Genehmigungen der Gegenstand des Wandergewerbes ausdrücklich angegeben sein. Eine Genehmigung gilt höchstens für sechs Jahre. Sie muss bei der Ausübung des Gewerbes mitgeführt werden. Sie muss auf Aufforderung der Polizei, der Gendarmerie und...