Entscheidungsstichwort (Thema)
Erreichen der Aufhebung einer Stellungnahme eines beschuldigten Beamten. Kontradiktorischer Charakter eines Verfahrens wie des Disziplinarverfahrens und der Grundsatz des rechtlichen Gehörs in einem solchen Verfahren. Nichteinhlatung der Frist von einem Monat ab Übermittlung der Stellungnahme. Wahl einer angemessenen Disziplinarstrafe durch die Anstellungsbehörde
Leitsatz (amtlich)
1.
Mit der Natur und der Struktur der Disziplinarordnung, wie sie im Beamtenstatut festgelegt ist, wäre es unvereinbar, würde dem beschuldigten Beamten die Möglichkeit verweigert, das Verfahren vor dem Disziplinarrat gesondert anzugreifen, um gegebenenfalls die Aufhebung von dessen Stellungnahme zu erreichen.
2.
Der verlangen, daß der beschuldigte Beamte von allen tatsächlichen Elementen, auf die sich die Stellungnahme des Disziplinarrats stützt, so rechtzeitig Kenntnis erhält, daß er sein Vorbringen darauf abstellen kann.
3.
Die Frist von einem Monat ab Übermittlung der Stellungnahme des Disziplinarrats, die das Beamtenstatut der Anstellungsbehörde für deren endgültigen Beschluß einräumt, ist nicht als Ausschlußfrist anzusehen, deren Nichteinhaltung die Nichtigkeit nach ihrem Ablauf getroffener Maßnahmen zur Folge hätte; sie stellt vielmehr eine Regel guter Verwaltungsführung dar, deren Nichteinhaltung die Haftung des Organs für etwaige dem Betroffenen entstehende Schäden begründen kann. Das gleiche gilt für die Dreimonatsfrist, die das Beamtenstatut für die Abgabe der Stellungnahme des Disziplinarrats vorsieht.
4.
Ist die dem Beamten zur Last gelegte Tat festgestellt, kann die kann die Anstellungsbehörde die angemessene Disziplinarstrafe wählen. Der Gerichtshof kann nicht seine eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen dieser Behörde setzen, es sei denn, es läge ein offensichtlicher Rechtsfehler oder Ermessensmißbrauch vor.
5.
Der Gerichtshof kann diese – beschränkte – Kontrollbefugnis nur ausüben, wenn sich aus den Begründungserwägungen der Entscheidung die dem Beamten zur Last gelegten konkreten Handlungen sowie die Überlegungen eindeutig ergeben, die die Anstellungsbehörde dazu veranlaßt haben, die jeweilige Disziplinarstrafe zu ergreifen. Wenn die von der Anstellungsbehörde verhängte Disziplinarstrafe schwerer ist als die in der Stellungnahme des Disziplinarrats vorgeschlagene, müssen sich aus der Begründung auch die Gründe für diese Verschärfung ergeben.
Normenkette
EWGV 30 Anh. 4 Art. 7 Abs. 1, 3; EWGV 30 Anh. 9 Art. 2, 7-9
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
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Fundstellen