Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: ARBEIDSHOF BRUSSEL - BELGIEN. SOZIALE SICHERHEIT DER WANDERARBEITNEHMER. BESTIMMUNG DES ZUSTAENDIGEN STAATES GEMAESS ARTIKEL 17 DER VERORDNUNG (EWG) NR. 1408/71. WOHNORT UND BESCHAEFTIGUNG IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT ALS DEM ZUSTAENDIGEN STAAT. AUFGRUND DES ARTIKELS 71 ABSATZ 1 BUCHSTABE B ZIFFER II GEWAEHRTE LEISTUNGEN BEI ARBEITSLOSIGKEIT. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Arbeitslosigkeit. Arbeitnehmer, der aufgrund einer Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem er beschäftigt ist und wohnt, versichert ist. Anwendbarkeit von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71. Anwendbare Rechtsvorschriften. Bestimmung durch Vereinbarung zwischen zwei Mitgliedstaaten. Rückwirkung. Zulässigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Das für die Anwendung von Artikel 71 der Verordnung Nr. 1408/71 insgesamt bestimmende Merkmal ist, daß der Betroffene in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen wohnt, dessen Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung gegolten haben. Daraus folgt, daß Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii dieser Vorschrift auf arbeitslose Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind und die während ihrer letzten Beschäftigung in dem Mitgliedstaat wohnten, in dem sie beschäftigt waren, auch dann anwendbar ist, wenn die zuständigen Behörden zweier Mitgliedstaaten als Ausnahme von Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung gemäß Artikel 17 der Verordnung vereinbart haben, daß der Arbeitnehmer weiterhin den Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit eines dieser Mitgliedstaaten unterliegen soll, der nicht derjenige ist, in dessen Gebiet der Arbeitslose beschäftigt war.
2. Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 ist auf arbeitslose Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind und die während ihrer letzten Beschäftigung zwar in dem Mitgliedstaat, in dem sie beschäftigt waren, wohnten, aber aufgrund einer Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden nach Artikel 17 der Verordnung Nr. 1408/71 den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterlagen, auch dann anwendbar, wenn die genannte Vereinbarung zu einer Zeit geschlossen wurde, als der Arbeitnehmer schon in ein und demselben Mitgliedstaat wohnte und arbeitete.
Im Wortlaut des Artikels 17 deutet nämlich nichts darauf hin, daß die Mitgliedstaaten die ihnen durch diese Bestimmung eingeräumte Möglichkeit abweichender Vereinbarungen nur für die Zukunft ausüben könnten. Geist und Regelungszusammenhang des Artikels 17 gebieten es vielmehr, daß eine Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmung im Interesse des betroffenen Arbeitnehmers auch für bereits abgelaufene Zeiträume geschlossen werden kann.
Normenkette
EWGV 1408/71 Art. 17, 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii
Beteiligte
Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening |
Tenor
1) Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 ist so auszulegen, daß er auf Arbeitslose, die während ihrer letzten Beschäftigung in dem Mitgliedstaat wohnten, in dem sie beschäftigt waren, auch dann anwendbar ist, wenn die zuständigen Behörden zweier Mitgliedstaaten als Ausnahme von Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a dieser Verordnung gemäß Artikel 17 dieser Verordnung vereinbart haben, daß der Arbeitnehmer weiterhin den Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit eines dieser Mitgliedstaaten unterliegen soll, der nicht derjenige ist, in dessen Gebiet der Arbeitslose beschäftigt war.
2) Diese Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn die auf Artikel 17 der Verordnung gestützte Vereinbarung zu einer Zeit geschlossen wurde, als der Arbeitnehmer schon in ein und demselben Mitgliedstaat wohnte und arbeitete.
Gründe
1 Der Arbeidshof Brüssel hat mit Urteil vom 18. November 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 29. November 1993, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung der Artikel 17 und 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2), in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung (im folgenden: Verordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening (Staatliches Arbeitsamt; im folgenden: RVA) und dem niederländischen Staatsangehörigen J. van Gestel wegen der Weigerung des RVA, Herrn van Gestel aufgrund des Artikels 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der V...