Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizügigkeit. Arbeitnehmer. Familienangehörige. Recht eines mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen auf Aufnahme einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit. Voraussetzungen
Beteiligte
Ministre du Travail et de l'Emploi |
Tenor
Unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens gewährt Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2434/92 des Rates vom 27. Juli 1992 geänderten Fassung einem Angehörigen eines Drittstaats kein Recht, in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem sein Ehegatte, der als Gemeinschaftsbürger von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hat, eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausübt oder ausgeübt hat, eine nichtselbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Cour administrative (Luxemburg) mit Entscheidung vom 11. Januar 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Januar 2005, in dem Verfahren
Cynthia Mattern,
Hajrudin Cikotic
gegen
Ministre du Travail et de l'Emploi
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Schiemann, der Richterin N. Colneric sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter) und E. Juhász,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Nwaokolo als Bevollmächtigte im Beistand von M. Hoskins, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. Dezember 2005
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2434/92 des Rates vom 27. Juli 1992 (ABl. L 245, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Cynthia Mattern und Hajrudin Cikotic auf der einen und dem Ministre du Travail et de l'Emploi auf der anderen Seite über dessen Entscheidung, mit der Herrn Cikotic eine Arbeitserlaubnis verweigert wurde.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Nach Artikel 39 Absatz 2 EG umfasst die Freizügigkeit der Arbeitnehmer die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.
4 Gemäß Artikel 39 Absatz 3 EG gibt die Freizügigkeit der Arbeitnehmer diesen „– vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen – … das Recht,
…
c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;
…”.
5 Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung bestimmt:
„Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder Verwaltungspraktiken eines Mitgliedstaats,
- die das Stellenangebot und das Arbeitsgesuch, den Zugang zur Beschäftigung und deren Ausübung durch Ausländer einschränken oder von Bedingungen abhängig machen, die für Inländer nicht gelten,
- oder die, ohne auf die Staatsangehörigkeit abzustellen, ausschließlich oder hauptsächlich bezwecken oder bewirken, dass Angehörige der übrigen Mitgliedstaaten von der angebotenen Stelle ferngehalten werden,
finden im Rahmen dieser Verordnung keine Anwendung.
…”
6 Artikel 11 der Verordnung lautet:
„Der Ehegatte eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit ausübt, sowie die Kinder dieses Staatsangehörigen, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen er Unterhalt gewährt, haben, selbst wenn sie nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, das Recht, im gesamten Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats irgendeine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis auszuüben.”
Nationales Recht
7 Die Großherzogliche Verordnung vom 12. Mai 1972 mit Vorschriften für die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer im Großherzogtum Luxemburg (Mémorial A 1972, S. 945) in der durch die Großherzogliche Verordnung vom 17. Juni 1994 (Mémorial A 1994, S. 1034) geänderten Fassung (im Folgenden: Großherzogliche Verordnung von 1972) bestimmt in Artikel 1:
„Unbeschadet der Bestimmungen über die Einreise in das Großherzogtum Luxemburg und den Aufenthalt im Großherzogtum Luxemburg darf kein Ausländer in Lux...