Ausfall wegen Betriebsstörung (95.13)

 

(1) Für Ausfallzeiten infolge Betriebsstörungen besteht im Rahmen der Betriebsrisikolehre grundsätzlich Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Bei derartigen Betriebsstörungen handelt es sich um Ereignisse, die weder vom Arbeitgeber noch von den Arbeitnehmern verschuldet wurden, für deren Dauer die Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung fähig und bereit sind, vom Arbeitgeber aber nicht beschäftigt werden können. Typische Beispiele sind Betriebsstörungen infolge unvorhersehbaren Maschinenschadens, Unterbrechung der Energieversorgung, Überschwemmung, Brand usw. Nicht hierzu zählt die Betriebsstilllegung, die auf einem Streik - auch in einem anderen Betrieb - beruht.

Entgeltanspruch bei Betriebsstörung (95.14)

 

(2) Bei einem Teil der aufgeführten Betriebsstörungen (z.B. Brand - 2.3 Abs. 2) liegt zugleich ein unabwendbares Ereignis vor, so dass die betrieblichen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kug erfüllt sind. Ob - bezogen auf das Beispiel des Fabrikbrandes - für die Dauer der Betriebsstörung Entgeltansprüche der Arbeitnehmer bestehen, die den Anspruch auf Kug gem. § 95 Nr. 1 ausschließen, ist nach folgenden Kriterien zu beurteilen:

 

a)

Der Arbeitgeber trägt zwar grundsätzlich das Betriebsrisiko; er hat damit im Falle des durch Betriebsstörung bedingten Arbeitsausfalles das volle Entgelt weiterzuzahlen. Neben dem bereits erwähnten Fall (z.B. Streik) entfällt die Lohnzahlungspflicht im Ausnahmefall dann, wenn dadurch die Existenz des Betriebes gefährdet würde (LAG Schleswig-Holstein vom 15.06.1989 – 4 Sa 628/88). Eine solche Existenzgefährdung wird insbesondere dann nicht gegeben sein, wenn eine Betriebsunterbrechungsversicherung besteht, die die Löhne und Gehälter für derartige Ausfallzeiten einschließt. Der Arbeitgeber darf nicht von seiner Lohnzahlungspflicht durch die Gewährung von Kug entlastet werden, da sein Betriebsrisiko anderweitig aufgefangen wird.

 

b)

bVon der Pflicht zur Lohnfortzahlung kann der Arbeitgeber im Falle der Betriebsstörung auf der Grundlage eines Tarifvertrages oder eines Einzelarbeitsvertrags abweichen (Urteile des BAG vom 04.07.1958 – 1 AZR 559/57, 07.12.1962 – 1 AZR 134/61, 06.11.1968 –4 AZR 186/68, 28.9.1972 – 2 AZR 506/71). Abweichungen sind ferner durch Betriebsvereinbarungen zulässig, soweit § 77 BetrVG nicht entgegensteht.

Grundsätzlich zulässig und im Hinblick auf § 95 Nr. 1 beachtlich sind damit alle Vereinbarungen, die vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses getroffen wurden und den Entgeltanspruch nach der Betriebsrisikolehre ausschließen oder zeitlich begrenzen.

Betriebseinschränkung oder –stilllegung (95.15)

 

(3) Wird ein Betrieb unmittelbar von einer behördlich angeordneten Betriebseinschränkung oder -stilllegung betroffen (z.B. Smogalarm), dürfte in aller Regel ein unabwendbares Ereignis i.S. des § 96 Abs. 3 Satz 2 vorliegen (vgl. 2.3 Abs. 6). Verweigert der Arbeitgeber während der Dauer des behördlich angeordneten Betriebsverbotes wegen der Unmöglichkeit der Leistung gem. § 323 Abs. 1 BGB die Lohnzahlung auch für die Dauer einer tariflichen Ankündigungsfrist und stimmt der Betriebsrat der sofortigen Einführung von Kurzarbeit zu, so ist davon auszugehen, dass der Anspruch auf Kug bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen gem. § 95 Nr. 1 besteht.

Aufräumungsarbeiten nach unabwendbaren Ereignis (95.16)

 

(4) Soweit keine Lohnzahlungspflicht nach vorstehenden Ausführungen besteht, vermindern freiwillig geleistete Stunden, die der Beseitigung der Folgeschäden eines unabwendbaren Ereignisses dienen (Aufräumungsarbeiten) nicht den Kug-Anspruch. Es handelt sich dabei um keine produktive / wertschöpfende Tätigkeit am Arbeitsplatz. Vielmehr wohnt dieser Tätigkeit eine schadensmindernde Funktion inne, die dazu beiträgt, die Bezugsdauer des Kug zu mindern.

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