Erfreulicherweise haben die Tarifvertragsparteien nunmehr (endlich) der überzeugenden Rechtsprechung des BAG und EuGH sowie dem Diskriminierungsverbot von Teilzeitkräften in § 4 Abs.1 TzBfG Rechnung getragen und die Herausnahme der geringfügig Beschäftigten, der Studierenden und nebenberuflich Tätigen aus dem Geltungsbereich des BAT beseitigt (BAG, Urt. v. 28.03.1996 - 6 AZR 501/95 bzgl. Studierenden ; BAG, Urt. v. 01.11.1995 - 5 AZR 84/94; BAG, Urt. v. 01.11.1995 - 5 AZR 880/94 bzgl. nebenberuflich Tätigen; EuGH, Urt. v. 09.09.1999 – C-281/97, Rs. Andrea Krüger gegen Kreiskrankenhaus Ebersberg; LAG München, Urt. v. 01.10.1998 - 4 Sa 1366/97 bzgl.geringfügig Beschäftigten).
Für alle geringfügig Beschäftigten gilt nunmehr uneingeschränkt der BAT, MT-Arb, BMT-G.
Konsequenzen für die Praxis:
1. Alle geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer eines BAT-Arbeitgebers haben Anspruch auf BAT-Bezahlung. Daraus folgt u.a.:
- sie sind einzugruppieren
- sie haben Anspruch auf anteilige BAT-Vergütung, wobei die Regelung über Lebensaltersstufen und Ortszuschlag voll zur Anwendung kommen
- sie haben Anspruch auf anteilige allgemeine Zulage
- sie haben Anspruch auf anteiliges Urlaubsgeld
- sie haben Anspruch auf anteilige Zuwendung
- sie haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 37 BAT, also auch während der ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses
- sie haben Anspruch auf Urlaub nach BAT.
Zu beachten ist die durch den 77. Änderungstarifvertrag eingefügte Übergangsvorschrift für geringfügige Beschäftigungen. Danach werden geringfügige Beschäftigungen im Sinne des § 8 SGB IV bei der Berechnung der Beschäftigungszeit, der Dienstzeit, der Bewährungszeit oder der Zeit einer Tätigkeit nur berücksichtigt, soweit sie nach dem 31. Dezember 2001 zurückgelegt worden sind. Ob dieser tarifliche Ausschluss der Anrechnung von vor dem 1.1.2002 erbrachten Zeiten arbeitsgerichtlichen Überprüfungen standhalten wird, bleibt abzuwarten.
Bei der Einstellung eines Mitarbeiters auf geringfügig entlohnter Bases ist jeweils konkret die maximal zulässige Stundenzahl der Beschäftigung zu ermitteln.
Die am 1.4.1969 geborene, ledige A wird zum 1.5.2003 als Verwaltungsangestellte in einem Städtischen Krankenhaus in Verg.-Gf. VII als geringfügig entlohnte Beschäftigte eingestellt. Ihr Monatsgehalt soll 400 EUR betragen. Bislang war sie in der Privatwirtschaft beschäftigt.
A hat bei der Einstellung das 34. Lebensjahr vollendet. Damit ist die Lebensaltersstufe 7 maßgeblich.
Grundvergütung |
1.344,89 EUR |
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Ortszuschlag |
463,88 EUR |
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Allgemeine Zulage |
105,33 EUR |
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1.914,10 EUR |
: 167,4 Std. = |
11,434 EUR/Std. |
Urlaubsgeld |
332,34 EUR |
: 167,4 Std. : 12 Monate = |
0,175 EUR/Std. |
Zuwendung |
1.603,82 EUR |
: 167,4 Std. : 12 Monate = |
0,798 EUR/Std. |
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12,407 EUR/Std. |
Die Stundenvergütung beträgt sonach gerundet 12,41 EUR.
400 EUR : 12,41 EUR ergibt maximale monatliche Stundenzahl von 32,232 Stunden bzw. eine durchschnittliche maximale wöchentliche Stundenzahl von 7,41 Stunden. Entweder das städtische Krankenhaus schließt den Vertrag konkret mit diesen Konditionen ab, oder aber es vereinbart eine Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 7 Std. wöchentlich, was einem Monatsentgelt von 377,62 EUR entspräche.
2. Hinsichtlich des Anspruchs auf Zuatzversorgung bleibt es aufgrund der Übergangsregelung des § 36 Abs. 1 ATV bis Ende 2002 beim bisherigen Recht: Geringfügig Beschäftigte können nicht versichert werden.
Ab 1. Januar 2003 gilt Folgendes: Aufgrund der Streichung des § 3 lit. n BAT unterliegen geringfügig Beschäftigte dem Geltungsbereich des BAT. Damit unterliegen sie auch dem Geltungsbereich des Tarifvertrags über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) sowie des Tarifvertrags über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge TV kommunal (ATV-K) -, die am 1. März 2002 geschlossen wurden. Die Pflicht zur Versicherung besteht jedoch nur für geringfügig entlohnte Beschäftigte i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV. Aufgrund ausdrücklicher Regelung in Anlage 2 Nr. 8 bleiben die Beschäftigten, die i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV kurzfristig beschäftigt werden, weiterhin von der Pflichtversicherung ausgenommen
Die Herausnahme geringfügig Beschäftigter aus der Zusatzversorgung beim Gesamtversorgungssystem ist mit der fehlenden Gesamtversorgung begründet worden, weil auch keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Da es für die Betriebsrente nach dem Punktemodell auf eine Grundversorgung nicht mehr ankommt, ist der Grund für den Ausschluss der geringfügig Beschäftigten weggefallen.
Beachten Sie, dass die sog. 12-Monats-Regelung für befristet Beschäftigte aufgrund der Übergangsregelung des § 36 Abs. 1 ATV nur noch bis zum 31. Dezember 2002 gilt. Das bedeutet, dass bei einem Beschäftigten, dessen Beschäftigungsverhältnis auf nicht mehr als 12 Monate befristet ist, eine Pflichtversicherung bis 31. Dezember 2002 nicht erfolgt. Besteht das auf nicht mehr als 12 Monate bef...