I. Arbeitswillige

Bei einer Arbeitskampfmaßnahme sind arbeitswillige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglichst so lange zu beschäftigen, wie dies die Auswirkungen der Arbeitskampfmaßnahme zulassen. Zu der Frage des Entfallens einer Beschäftigungspflicht wird auf Abschnitt F Unterabschn. I Nr. 1 verwiesen.

II. Auszubildende und Schüler (TVA-L BBiG/Pflege/Gesundheit), Praktikanten, dual Studierende usw. in einem privatrechtlichen Ausbildungsverhältnis

Diese Personen stehen nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern sind zu ihrer Ausbildung beschäftigt bzw. diesen gleichgestellt (TVA-L Pflege/Gesundheit, TVdS-L) oder zum Erwerb bestimmter Kenntnisse oder Fähigkeiten beschäftigt. Sie haben jedoch ein Arbeitskampfrecht, wenn es um ihre tariflichen Beschäftigungsbedingungen geht (vgl. BAG, Urteil v. 12.9.1984, 1 AZR 342/83 = AP Nr. 81 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Soweit ihnen ein Arbeitskampfrecht zusteht, sind sie im Sinne dieser Richtlinien wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu behandeln. Dieses Streikrecht besteht aber nicht an Tagen, an denen sie z. B. zur Teilnahme am Berufs-/ Pflegeschulunterricht verpflichtet sind sowie an Prüfungstagen (z. B. § 13 Nr. 2 BBiG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BBiG; § 17 Nr.1 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 5 PflBG).

Geht es nicht um ihre tariflichen Beschäftigungsbedingungen, stehen diese Personen außerhalb des Arbeitskampfes und dürfen deshalb an Arbeitskampfmaßnahmen (einschließlich Urabstimmung) nicht teilnehmen. Sie sind - gegebenenfalls durch den Einsatz des Notdienstes - unter Fortzahlung ihres Ausbildungsentgelts möglichst weiter auszubilden. Es kann zweckmäßig sein, einen Sonderausweis (Anlage 4) zum Betreten der Verwaltung/des Betriebes auszustellen.

Kommt die Verwaltung/der Betrieb wegen der Arbeitskampfmaßnahmen zum Erliegen, halten sich diese Personen aber gleichwohl zur Ausbildung bereit, ist Personen, die unter den Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) fallen, das Ausbildungsentgelt bis zur Dauer von sechs Wochen fortzuzahlen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BBiG).

Beteiligen sich solche Personen an Arbeitskampfmaßnahmen, die ihre tariflichen Beschäftigungsbedingungen nicht betreffen, kann im Einzelfall eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung der Frist (z. B. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG) in Betracht kommen. Ein solches Vorgehen sollte jedoch vorher mit der vorgesetzten Behörde abgestimmt werden. In jedem Fall entfällt der Anspruch auf Fortzahlung des Ausbildungsentgelts für die Zeit, in der diese Personen wegen Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen nicht zur Verfügung stehen.

III. Beamtinnen und Beamte

Beamtinnen und Beamte haben kein Arbeitskampfrecht. Die Teilnahme an Arbeitskampfmaßnahmen oder ihre Unterstützung stellen eine Dienstpflichtverletzung dar. Diese Grundsätze sind vom BVerwG im Urteil v. 27.2.2014 - BVerwG 2 C 1.13 - ausdrücklich bestätigt worden. Nach der Entscheidung gilt das aus Artikel 33 Abs. 5 GG abgeleitete umfassende beamtenrechtliche Streikverbot für alle Beamtinnen und Beamten bis zu einer anderslautenden gesetzlichen Regelung fort. Diese Auffassung wurde durch das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 12.6.2018, 2 BvR 1738/12 bestätigt.

Bei rechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahmen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist der Einsatz von Beamtinnen und Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen grundsätzlich nicht zulässig, solange hierfür eine gesetzliche Regelung nicht besteht (vgl. BVerfG, Urteil v. 2.3.1993, 1 BvR 1213/85 = AP Nr. 126 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1993 S. 241). Ohne dass das BVerfG in der genannten Entscheidung dazu Stellung genommen hat, ist davon auszugehen, dass der Einsatz von Beamtinnen und Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen dann zulässig ist, wenn sie auf diesen Arbeitsplätzen Notdienstarbeiten durchzuführen haben.

Im Übrigen dürfen Beamtinnen und Beamte angeordnete Mehrarbeit nicht verweigern. Sie können aufgrund der ihnen obliegenden Verpflichtung, bei zwingenden dienstlichen Verhältnissen in Ausnahmefällen Mehrarbeit zu leisten, auch zu zusätzlichen Dienstleistungen im Rahmen ihres Amtes herangezogen sowie kurzfristig auch mit anderen als den ihnen regelmäßig obliegenden Aufgaben betraut werden, soweit dies bei einem besonderen zeitweilig auftretenden dringenden dienstlichen Bedürfnis sachlich geboten und zumutbar ist. Insoweit sind sie gegebenenfalls auch zur Leistung einer so genannten unterwertigen Tätigkeit verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteil v. 10.5.1984, 2 C 18.82 = AP Nr. 87 zu Art. 9 GG Arbeitskampf - und BAG, Urteil v. 10.9.1985, 1 AZR 262/84 = AP Nr. 86 zu Art. 9 GG Arbeitskampf).

Weigern sich Beamtinnen und Beamte, einer dienstlichen Weisung, die einen derartigen Einsatz zum Gegenstand hat, nachzukommen, so sind sie ausdrücklich auf die Rechtslage sowie darauf hinzuweisen, dass die Weigerung eine Pflichtverletzung darstellt, die disziplinarrechtlich geahndet werden kann. Es kann sich als zweckmäßig erweisen, Beamtinnen und Beamten zur Vermeidung von Schwierigkeiten, die beim Betreten der Verwaltung/des Betriebes während eines Arbeitskampfes auftreten können, einen Sonderausweis (Anlage 4) auszustellen, der eindeutige Auskunft über die Eigenschaft als B...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge