Die oft problematisierte freiwillige Teilnahme bzw. Nichtteilnahme von Beschäftigten an der leistungsdifferenzierten und variablen Bezahlung gem. § 18 TVöD ist nicht nur eine rechtliche Fragestellung, sondern auch eine Frage der funktionalen (sinnhaften) Ausrichtung des betrieblichen Systems. Dabei liegt dem tarifvertraglichen Leistungsentgelt gem. § 18 Abs. 1 TVöD eindeutig folgendes Verständnis zugrunde:
Leistungsentgelte zielen auf eine Verbesserung von Ergebnissen bzw. des (Leistungs-) Verhaltens der Beschäftigten ab und sollen dazu beitragen, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Zugleich sollen sie Motivation, Eigenverantwortung und die Führung als "Recht und Pflicht" zum Tätigwerden stärken. Erreicht werden kann dies u. a. durch eine Veränderung der Kommunikations- und Unternehmenskultur, die Leistungserwartungen gegenüber den Beschäftigten deutlicher formuliert und nachvollziehbarer macht. Dieser Austausch ist immer verbindlich, denn die Führungskraft muss ihre abschließende Leistungsmessung gegenüber dem Beschäftigten sachlich begründen können; der Beschäftigte kennt seine Aufgaben und hat seinerseits ein Interesse an seiner Leistungsfeststellung, da hiermit seine Arbeit (an-)erkannt wird und ein mögliches Leistungsentgelt verbunden sein kann. Das Leistungsentgelt wird in viel stärkerem Maße zu einem Personalführungsinstrument als dies in bisherigen, nur informellen Mitarbeitergesprächen "ohne Konsequenzen" der Fall war. Dies gilt für Zielvereinbarung und systematische Leistungsbewertung gleichermaßen. Dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst sich solcher "Führungskultur" durch einen erklärten Verzicht auf die Leistungsentgelte entziehen könnten, haben die Tarifvertragsparteien nicht vereinbart.
Die freiwillige Teilnahme am Leistungsentgeltsystem ist erstmalig von der Gewerkschaft dbb tarifunion (lange nach Tarifabschluss) im Zusammenhang mit einer geforderten Altersgrenze (ab 55 Jahren) für die Leistungsbemessung erfunden und von verschiedenen Arbeitnehmervertretern vor Ort aufgegriffen worden. Dies ist in einer Zeit älter werdender Belegschaften und einer Anhebung des Renteneintrittalters auf 67 Jahre nur vor dem "Alimentationshintergrund" des alten BAT überhaupt nachvollziehbar. Zwischenzeitlich sind verschiedene Phantasien - auch eine sog. "grundsätzliche Freiwilligkeit" - bekannt geworden, die bei einem altersbedingten Verzicht des Beschäftigten auf erneute Leistungsbemessung z. T. sogar ein pauschales bzw. das zuletzt festgestellte Leistungsentgelt auf Dauer weitergewähren möchten. Alle diese Flucht-Ansätze sind wegen der fehlenden Leistungsorientierung als sinn- und tarifvertragswidrig abzulehnen.
Bereits die "Freiwilligkeit" der Zielvereinbarung ist in der entsprechenden Niederschriftserklärung zu § 18 Abs. 5 Satz 3 TVöD ausdrücklich als "motivationspsychologischer" Auftrag an die Führungskräfte begrenzt worden. Sie stellt klar, dass die Vereinbarung von Zielen aus Motivationsgründen freiwillig geschieht und gleichwohl die Verständigung auf (vom Arbeitgeber) vorgegebene oder übergeordnete Ziele zulässt (vgl. vorstehend Ziffer 3). Eine betriebliche "Überhöhung" der Freiwilligkeit gefährdet die in den Tarifverhandlungen unverändert gesicherte Entscheidungs- und Direktionsbefugnis des Arbeitgebers/der Führungskräfte.
Die von beiden Tarifvertragsparteien gewollte Veränderung der Kommunikations- und Unternehmenskultur wird nur dann gelingen, wenn die hiermit verbundenen Prozesse (Mitarbeitergespräch, Leistungsmessung, Leistungsentgelt) ausnahmslos eingesetzt werden. Insbesondere ist davon auszugehen, dass ein freiwilliger Verzicht auf eine Teilhabe am Leistungsentgelt eher nur von leistungsschwächeren und motivationsarmen Beschäftigten "in Anspruch" genommen würde. Führungsaufgabe muss immer sein, diese Beschäftigten nicht in ihrer Leistungsschwäche und Motivationslosigkeit verharren zu lassen, sondern zu einer mindestens erwartungsgemäßen Leistung zu bringen. Das Leistungsentgelt kann und soll nur helfen, mögliche Potenziale zu erschießen, denn es geht nur zu einem Teil um das "Verteilen von Geld". Der eigentliche Leistungsanreiz liegt nicht in einem materiellen Leistungsentgelt, sondern in der "neuen Qualität" der Aufgabenerledigung, Führung und Zusammenarbeit. Damit ließe sich nicht vereinbaren, wenn ein Arbeitgeber - ohne tarifvertragliche Öffnungsklausel - betrieblich die tatsächliche Anwendung der Leistungsorientierung faktisch in das Belieben seiner Beschäftigten stellt. Alle Beschäftigten wollen zur "Leistung" der Verwaltung/des Unternehmens beitragen. Davon gehen die Tarifvertragsparteien aus.