Zusammenfassung
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist durch das "Erste Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung" vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642 in Umsetzung der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit) sowie anschließend durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes vom 20. Juli 2011 (BGBl. I S. 1506) geändert worden.
In der Bundesverwaltung findet, wenn auch in geringem Umfang, Beschäftigung in Form von Leiharbeitsverhältnissen nach dem AÜG statt. Mit Schreiben vom 16. März 2010 (Anlage) hatte BMI im Nachgang zu einer Kleinen Anfrage über Leiharbeit in der Bundesverwaltung (BT-Drucksache 17/588) angeregt, die Notwendigkeit des Einsatzes von Leiharbeitnehmern zu prüfen. Auf diese Anregung weise ich, auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse einer weiteren Kleinen Anfrage zu diesem Thema (BT-Drucksache 17/4626) erneut hin.
Mit Blick auf die Änderungen im AÜG ist Folgendes zu beachten:
1 Änderung im Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ab 1. Dezember 2011
Die Erlaubnispflichtigkeit einer Arbeitnehmerüberlassung ist nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG nicht mehr von der "Gewerbsmäßigkeit" der Arbeitnehmerüberlassung abhängig. Es kommt nunmehr darauf an, ob die Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen der "wirtschaftlichen Tätigkeit" des Arbeitgebers (Verleihers) erfolgt. Das Gesetz folgt mit dieser Änderung der Vorgabe der EU-Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG.
Der Begriff der "wirtschaftlichen Tätigkeit" ist weder im AÜG noch in der Richtlinie 2008/104/EG definiert. Es kann für die Auslegung aber auf andere, durch Europarecht geregelte, Bereiche zurückgegriffen werden. So ist im Bereich des Wettbewerbsrechts "Unternehmen" eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung und "wirtschaftliche Tätigkeit" ist das Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt (ständige Rechtsprechung, EuGH, Urt. v. 10. Januar 2006 – Rs. C-222/04, Rn. 107 = EuZW 2006, 306, 310). Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse haben demgegenüber keinen wirtschaftlichen Charakter (EuGH, Urt. v. 26. März 2009 – Rs. C-113/07, Rn. 70).
Der Begriff der "wirtschaftlichen Tätigkeit" in § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG ist weit auszulegen. Auf die für das Tatbestandsmerkmal der "Gewerbsmäßigkeit" wesentliche Gewinnerzielungsabsicht kommt es ab dem 1. Dezember 2011 nicht mehr an. Grundsätzlich unterfällt demgemäß auch eine Arbeitnehmerüberlassung durch eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, z. B. im Rahmen einer Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD, dem AÜG und ist erlaubnispflichtig, wenn diese im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erfolgt. Nimmt der überlassene Arbeitnehmer beim Entleiher hingegen hoheitliche Tätigkeiten wahr, besteht mangels wirtschaftlicher Tätigkeit keine Erlaubnispflicht.
2 Ausnahmen von der Erlaubnispflicht – gelegentliche Überlassung
Nach dem neu eingefügten § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG besteht keine Erlaubnispflicht, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. In der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, an dieses Erfordernis seien strenge Anforderungen zu stellen. Ausgeklammert werden sollen gelegentlich auftretende Überlassungsfälle, wie zum Beispiel die Abdeckung eines kurzfristigen Spitzenbedarfs (BT-Drucksache 17/4804, S. 8).
3 Neue Informationspflichten des Entleihers
Der Entleiher ist zur Information des Leiharbeitnehmers über zu besetzende Stellen verpflichtet, unabhängig davon, ob es sich um befristete oder unbefristete Stellen handelt. Diese Bekanntgabe kann auch an geeigneter, dem Leiharbeitnehmer zugänglicher Stelle im Rahmen der allgemeinen Bekanntgabe zu besetzender Stellen erfolgen (§ 13a AÜG-neu).
4 Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten
Dem Leiharbeitnehmer ist unter den gleichen Bedingungen wie Arbeitnehmern des Entleihers Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten des Entleihers zu gewähren, wenn es keinen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung gibt, § 13b AÜG - neu. Das Gesetz nennt hierzu insbesondere Kinderbetreuungseinrichtungen, Gemeinschaftsverpflegung und Beförderungsmittel. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung kann nach der Gesetzesbegründung z. B. dann vorliegen, wenn der Entleiher gemessen an der individuellen Einsatzdauer einen unverhältnismäßigen Organisations- und Verwaltungsaufwand bei der Gewährung des Zugangs hat (BT-Drs. 17/4804, S. 10).
Leistungen mit Entgeltcharakter (inkl. Sachbezüge) gehören nicht zu den Gemeinschaftseinrichtungen bzw. -diensten, weshalb z. B. keine Verpflichtung besteht, Zugang zur betrieblichen Altersversorgung des öffentlichen Dienstes zu gewähren. Auch wenn z. B. unentgeltliches Mittagessen in der hauseigenen Kantine gewährt wird, muss dem Leiharbeitnehmer kein unentgeltliches Mittagessen gewährt werden.
5 Hinweise der Bundesagentur für Arbeit
Das BMAS hat angekündigt, die für die Durchführung des AÜG zuständige Bundesagentur für Arbeit werde im Herbst 2011 d...