2.1 Gesetzliche Ausgangslage
Eine eigenständige gesetzliche Regelung zur Haftung des Arbeitnehmers gibt es nicht. Allgemeine Anspruchsgrundlage für Pflichtverletzungen aus dem Schuldverhältnis ist §280 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Danach kann der Gläubiger (hier also der Arbeitgeber) Ersatz des Schadens verlangen, der dadurch entstanden ist, dass der Schuldner (der Arbeitnehmer) eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis (dem Arbeitsverhältnis) verletzt hat. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Schuldner hat nach § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. § 619a BGB regelt lediglich eine Beweislastumkehr. Während nach §280 Abs. 1 Satz 2 BGB der Schuldner beweisen muss, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, folgt aus §619a BGB, dass der Arbeitgeber nicht nur die Pflichtverletzung, sondern auch das Vertreten müssen des Arbeitnehmers zu beweisen hat (vgl. weiter unten 2.7).
Der TVöD enthält zwar keine eigenständige Anspruchsgrundlage, aber in § 3 Abs. 6 und 7 TVöD eine Haftungseinschränkung im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB.
2.2 Richterliche Rechtsfortbildung
Da die zivilrechtliche Regelung von der Rechtsprechung als zu streng empfunden wurde, hat das Bundesarbeitsgericht bereits erstmals in einer Entscheidung aus dem Jahr 1957 Grundsätze für eine Haftungsmilderung für Arbeitnehmer entwickelt. Eine Haftungserleichterung kam dabei jedoch grundsätzlich nur bei gefahrgeneigter Tätigkeit in Betracht. Von der Voraussetzung der gefahrgeneigten Tätigkeit ist die Rechtsprechung erst später in einer Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27.9.1994 abgewichen. Seitdem finden die Grundsätze über eine Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung auf alle Arbeiten Anwendung, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Die Anwendung dieser Grundsätze ist nicht davon abhängig, dass die den Schaden verursachenden Arbeiten gefahrgeneigt sind, sondern es muss grundsätzlich in entsprechender Anwendung des § 254 BGB als mitwirkendes Verschulden des Arbeitgebers die für den Eintritt des Schadens wesentliche und dem Arbeitgeber zuzurechnende Sach- und Betriebsgefahr berücksichtigt werden.
Diese durch das BAG entwickelte Haftungserleichterung wird durch § 3 Abs. 6 und 7 TVöD erweitert. Danach haften die Beschäftigten bei dienstlich oder betrieblich veranlassten Tätigkeiten nur noch bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.
2.3 Dienstlich oder betrieblich veranlasste Tätigkeit
Die Haftungsbeschränkung kann nur dann eintreten, wenn es sich um dienstlich oder betrieblich veranlasste Tätigkeiten handelt, d. h. Arbeiten, die dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich übertragen wurden oder die er im Interesse des Betriebs/der Dienststelle ausgeführt hat. Die Tätigkeit muss in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb/der Dienststelle und seinem betrieblichen/dienstlichen Wirkungskreis stehen.
2.3.1 Weite Auslegung des dienstlichen/betrieblichen Interesses
Eine dienstliche/betriebliche Tätigkeit liegt nicht nur dann vor, wenn ein Arbeitnehmer eine Aufgabe verrichtet, die unmittelbar zu der vertraglich vereinbarten bzw. ihm zugewiesenen Tätigkeit gehört. Der Begriff der dienstlichen/betrieblichen Tätigkeit ist vielmehr sehr weit auszulegen. Die Handlung des Arbeitnehmers muss nur in irgendeiner Weise betriebsbezogen sein.
Ein Auszubildender ohne entsprechenden Führerschein benutzt entgegen dem ausdrücklichen Verbot seines Arbeitgebers den Gabelstapler, um einen Lkw voller Fahrräder schneller entladen zu können, und beschädigt beim Fahren den Gabelstapler.
Die Art, wie die Tätigkeit ausgeführt wird (sachgemäß oder fehlerhaft, vorsichtig oder leichtsinnig), entscheidet nicht darüber, ob es sich um eine dienstliche/betriebliche Tätigkeit handelt oder nicht.
Ein Lkw-Fahrer wirft seinem Kollegen vor, zu spät vom Tanken zurückgekommen zu sein, sodass sein Lkw nicht mehr rechtzeitig beladen werden kann. Im Laufe dieses Wortwechsels versetzt er dem Kollegen einen Stoß vor die Brust, worauf dieser einen Schritt rückwärts macht, über die dort stehende Schubkarre fällt und sich schwere Verletzungen an einer Stahlschiene zuzieht.
Der dienstliche/betriebliche Charakter der Tätigkeit geht nicht dadurch verloren, dass der Arbeitnehmer bei der Ausführung der Tätigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt, auch wenn derartige Verhaltensverstöße nicht im Interesse des Arbeitgebers liegen. Es kommt dabei entscheidend darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war. Eine betriebliche Tätigkeit liegt immer schon dann vor, wenn der Schädiger bei objektiver Betrachtungsweise aus seiner Sicht im Betriebsinteresse handeln durfte, sein Verhalten unter ...