2.4.2.1 Mankofälle
Haben Arbeitnehmer mit der Verwaltung und Aufbewahrung von Geld zu tun, tritt häufig die Frage der Haftung für fehlende Beträge auf.
- Ein Zugrestaurantleiter lässt die Tageseinnahme unbeaufsichtigt in einem unverschlossenen Schrank zurück. Diese ist nach seiner Rückkehr verschwunden.
- Ein Busfahrer lässt das eingenommene Fahrgeld in seiner Pause ohne weitere Sicherungsmaßnahmen im zwar verschlossenen, aber leicht zu öffnenden Bus zurück.
- Ein Kassierer gibt einem Kunden ein Bündel Geldscheine heraus, ohne diese nachzuzählen.
Ohne ein Verschulden des Arbeitnehmers kommt grundsätzlich keine Haftung in Betracht. Der Arbeitnehmer haftet also nicht grundsätzlich und verschuldensunabhängig für alle Fehlbeträge in seinem Verantwortungsbereich. Auch hier haftet er nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitnehmer für die Übernahme des besonderen Risikos beim Verwalten von Kassen, Geld oder Warenbeständen als Risikoprämie eine zusätzliche Vergütung erhält.
Diesbezüglich kann eine Haftungsverschärfung vereinbart werden. Die Übernahme des besonderen Risikos wird dann verbunden in dem Sinne, dass der Arbeitnehmer eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung übernimmt. Dies bedarf jedoch einer besonderen vertraglichen Vereinbarung, der sog. Mankoabrede, die die Rechtsprechung nur in engen Grenzen für zulässig erachtet.
Die Anlage 1 zum BMT-G (Sondervereinbarung gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a BMT-G für Arbeiter im Betriebs- und Verkehrsdienst von Nahverkehrsbetrieben) enthält in § 18a die Regelung, dass die Zahlung einer Fehlgeldentschädigung bezirklich zu vereinbaren ist. "Bezirklich" bedeutet den Abschluss von Tarifverträgen zwischen den Mitgliedverbänden der VKA und dem jeweiligen Landesbezirk von ver.di (§ 62 BMT-G). Von dieser Ermächtigung haben mehrere Landesverbände Gebrauch gemacht.
So enthält z. B. der vom KAV Rheinland-Pfalz sowohl mit ver.di als auch mit dbb beamtenbund und tarifunion abgeschlossene Bezirkstarifvertrag vom 10.12.2007 über Erschwerniszuschläge die Regelung, dass vollbeschäftigte Fahrer mit Anspruch auf Ein-Mann-Zuschlag für das Einkassieren der Fahrgelder ein Mankogeld von monatlich 3,70 EUR erhalten. Nach einer hierzu vereinbarten Protokollerklärung wird die Höhe des Mankogeldes für teilzeitbeschäftigte Fahrer betrieblich geregelt und vierteljährlich nachträglich gezahlt. Allerdings bestimmt § 13 Abs. 4 des vom KAV Rheinland-Pfalz abgeschlossenen Bezirkstarifvertrages für die kommunalen Nahverkehrsbetriebe (BezTV-N RP) vom 11.5.2012, dass die Erschwerniszuschläge für Verkehrsbetriebe und damit auch das Mankogeld im Geltungsbereich des BezTV-N RP keine Anwendung mehr finden.
2.4.2.2 Eintritt einer Versicherung
Die Versicherbarkeit des eingetretenen Schadens hat große Bedeutung für die Bestimmung des Haftungsumfangs. Bestehende Versicherungen, z. B. Betriebshaftpflichtversicherung, Feuerversicherung usw., muss der Arbeitgeber vorrangig in Anspruch nehmen. Hat er die zumutbaren und üblichen Versicherungen nicht abgeschlossen, muss er sich so behandeln lassen, als habe er dies getan.
Ebenso wenig kann sich der Arbeitnehmer auf die Haftungsbeschränkung berufen, wenn zu seinen Gunsten eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung eingreift. Bei Bestehen einer Pflichtversicherung liegen Risiken vor, die der Gesetzgeber als so gefahrträchtig ansieht, dass er den Handelnden im Hinblick auf mögliche Gefahren für andere nicht ohne Versicherungsschutz tätig sehen wollte. Diese Tatsache überlagert gleichsam die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung, sodass für deren Anwendung kein Raum ist.
Besteht ein solcher Pflichtversicherungsschutz jedoch nicht, hängt die Anwendung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung nicht davon ab, ob zufällig ein privater Haftpflichtversicherungsschutz besteht oder nicht. Hat sich der Arbeitnehmer selbst gegen das Risiko seiner betrieblichen Tätigkeit freiwillig versichert, so hat das grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Haftungsumfang, sondern die private Haftpflichtversicherung haftet nur in dem Umfang, in dem der Arbeitnehmer selbst haftet. Die auch bei grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers möglichen Haftungserleichterungen sind nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer freiwillig eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, die auch im Fall grober Fahrlässigkeit für den Schaden eintritt.
Der Arbeitgeber hat nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich dafür einzustehen, dass ein Fahrzeug, das der Arbeitnehmer dienstlich zu nutzen hat, mit einer ausreichenden Kfz-Haftpflicht, die die gesetzliche Mindestdeckungssumme abdeckt, versichert ist. Er ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer aus einem Verkehrsunfall möglichst nicht persönlich in Anspruch genommen wird. Dem Arbeitgeber ist es deshalb – so das BAG – aus Billigkeitsgründen verwehrt, sich gegenüber dem Arbeitnehmer im Rahmen der ...