Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch. Arbeitsvertrag. Vorlage, leitender Angestellter
Leitsatz (amtlich)
Es besteht generell kein Anspruch des Betriebsrats aus § 80 Abs. 1 BetrVG auf Vorlage der Arbeitsverträge bestimmter Mitarbeiter, wenn er nur pauschal bezweifelt, dass diese leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG seien. Für die fehlende Eigenschaft als leitende Angestellte muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen und es muss vorgetragen werden, welche Zweifel anhand der Arbeitsverträge geklärt werden sollen.
Normenkette
BetrVG § 80 Abs. 1, § 5 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 13.02.2004; Aktenzeichen 5 BV 177/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 13. Februar 2004 – 5 BV 177/03 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 2 ist die deutsche Einheit eines weltweit tätigen Kurierdienstleisters und unterhält in L. ihre Hauptverwaltung. Der Antragsteller ist der für die Hauptverwaltung in L. und die operative Niederlassung in R. gemeinschaftlich bestehende Betriebsrat.
Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob es sich bei einer Reihe von Mitarbeitern, die im Zeitpunkt der letzten Betriebsratswahl in den Betrieb eingegliedert waren und die wegen ihrer Qualifizierung als leitende Angestellte nicht wahlberechtigt waren, tatsächlich um leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG handelt.
Der Beteiligte zu 1) ist der Ansicht gewesen, ihm stünde aus § 80 BetrVG ein Anspruch auf Zurverfügungstellung der Arbeitsverträge dieser Mitarbeiter zu, um seine Zuständigkeit prüfen zu können.
Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,
die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm die Arbeitsverträge mit folgenden Arbeitnehmerinnen, und Arbeitnehmern:
1. S. H.; 2. J. F.; 3. E. P.; 4. U. S. 5. M. O.; 6. K. S.; 7. R. J.; 8. J. D., 9. H. R.; 10. K. H.; 11. F. L.; 12. H.-J. V.
zur Verfügung zu stellen.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2) ist der Ansicht gewesen, der Antrag sei zu weit gehend. Es sei weder eine zeitliche Einschränkung der Zurverfügungstellung vorgenommen worden, noch sei ersichtlich, wieso das gesamte Betriebsratsgremium durch Zurverfügungstellung Einsicht nehmen müsse. Daneben stehe der Einsichtnahme das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter entgegen. Auch sei der Arbeitsvertrag als Mittel der Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern im Sinne der Betriebsverfassung und leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ungeeignet, da die schriftlichen Verträge durch mündliche Vereinbarungen abgeändert sein könnten. Im Übrigen sei der Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats anlässlich der letzten Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand überprüft worden und es sei die personelle Zuordnungsentscheidung getroffen worden, die auch in der Folgezeit nicht angefochten worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung in den arbeitsgerichtlichen Beschlussgründen verwiesen.
Das Arbeitsgericht Offenbach hat den Antrag durch Beschluss vom 13. Febr. 2004 – 5 BV 177/03 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus § 83 Abs. 1 BetrVG ergebe sich, dass dem Betriebsrat die Vorlage der Personalakten grundsätzlich verwehrt sei. Es seien lediglich einzelne Informationen zu erteilen. Entscheidend sei, dass dem Betriebsrat ein Einsichtsrecht in die Arbeitsverträge von Mitarbeitern nur zustehen könne, wenn diese Arbeitnehmer und nicht leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG seien. Ein Einsichtsrecht könne nicht mit der schlichten Behauptung begründet werden, der Mitarbeiter sei kein leitender Angestellter. Der Betriebsrat habe schließlich nichts dafür vorgebracht, die Zuordnungsentscheidung des Wahlvorstandes bei der letzten Betriebsratswahl sei fehlerhaft gewesen.
Gegen diesen ihm am 4. März 2004 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) am 18. März 2004 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 4. Juni 2004 an diesem Tag per Telefax begründet.
Der Beteiligte rügt, die Argumentation des Arbeitsgerichts, die Rechte aus § 80 BetrVG seien erst dann gegeben, wenn die Zuständigkeit des Betriebsrats feststünde, sei ersichtlich nicht richtig. Das Bundesarbeitsgerichte (BAG AP Nr. 94 zu § 99 BetrVG 1972; BAG AP Nr. 33 zu § 80 BetrVG 1972) habe den Betriebsrat als berechtigt angesehen, vom Arbeitgeber Firmenverträge vorgelegt zu bekommen, um prüfen zu können, ob der Betriebsrat zuständig sei. Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt habe, der Betriebsrat hätte keine Umstände vorgetragen, die die Fehlerhaftigkeit der Zuordnungsentscheidung des Wahlvorstandes bei der letzten Betriebsratswahl erkennen lasse, liege auch diese Erwägung neben der Sache, da nach § 18 Abs. 5 BetrVG lediglich eine auf fehlerhafte Zuordnungsentscheidunge...