Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung. Überwiegend erfolgreiche Klage auf Vergütung von Überstunden aus einem beendeten Arbeitsverhältnis. Teilweise Verjährung der Ansprüche. Überstundenvergütung
Leitsatz (redaktionell)
1. Besteht keine ausdrückliche vertragliche Absprache über die Vergütung von Mehrarbeit, kann der Anspruch aus § 612 BGB folgen, wenn die Leistung der Überstunden den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
2. Zur Darlegung eines Anspruchs auf Überstundenvergütung hat der Arbeitnehmer vorzubringen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Er muss vortragen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht und dass er tatsächlich gearbeitet hat. Ist streitig, ob Arbeitsleistungen erbracht wurden, hat er darzulegen, welche (geschuldete) Tätigkeit er ausgeführt hat. Je nach Einlassung des Arbeitgebers besteht eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt des Weiteren voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der Arbeit notwendig waren.
3. Die Verjährungsvorschriften finden sowohl auf Freizeitausgleichs- als auch auf die finanziellen Abgeltungsansprüche eines Arbeitnehmers für geleistete Überstunden Anwendung. Die Fälligkeit tritt wie für jeden anderen Vergütungsanspruch am Monatsende ein (§ 614 BGB).
Normenkette
BGB §§ 612, 195
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 03.09.2008; Aktenzeichen 6 Ca 4088/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 03. September 2008 – 6 Ca 4088/07 – teilweise abgeändert:
Das Versäumnisurteil vom 22.02.2008 wird i.H.v. 5.953,40 Euro brutto aufrecht erhalten.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz hat die Klägerin 25% und der Beklagte 75% zu tragen.
Die Kosten der Säumnis im Termin vom 22.02.2008 hat der Beklagte zu tragen.
Von den Kosten der Berufung hat die Klägerin 34% und der Beklagte 66% zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf finanzielle Abgeltung von Überstunden aus einem mittlerweile beendeten Arbeitsverhältnis.
Der Beklagte betreibt eine Unternehmensberatung. Die Klägerin war bei ihm auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 3.07.3003 (Bl. 11 d. A.) vom 7.07.2003 bis zum 31.12.2004 als Juristin beschäftigt. Bei einer vereinbarten Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche erhielt sie ein monatliches Grundgehalt in Höhe von EUR 2.000,00 brutto sowie eine „Variable” in Höhe von EUR 500,00 brutto. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung des Beklagten setzte sie ihre Arbeit als freie Mitarbeiterin fort.
Die Aufgabe der Klägerin bestand in der Unterstützung des Beklagten in allen juristischen Angelegenheiten zum Aufbau einer Gesellschaft im Bereich der Gründung und des Vertriebs von Kapitalgesellschaften englischen Rechts in A sowie in der Betreuung der Kunden in A und B. Diese Tätigkeit übte sie hauptsächlich von ihrer Privatwohnung aus. Außerdem wurde sie an Wochenenden als Referentin bei Seminaren eingesetzt. Die Klägerin wies ihre Arbeitszeit durch monatliche Stundenaufstellungen gegenüber dem Beklagten nach. Die Aufstellungen enthalten für jeden Ta g des gesamten Beschäftigungsverhältnisses die Anzahl der ihr geleisteten Arbeitsstunden mit Angaben zu den von ihr in dieser Zeit verrichteten Tätigkeiten. Für die Einzelheiten wird auf die Kopien der Arbeitszeitaufstellungen Bezug genommen (Bl. 15 – 60 d. A.).
Gestützt auf diese Aufstellungen hat die Klägerin am 18.12.2007 beim Arbeitsgericht Klage auf Zahlung von 293,5 während des Arbeitsverhältnisses geleisteter Überstunden in Höhe von EUR 9.171,88 brutto sowie auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses eingereicht, die dem Beklagten am 7.01.2008 zugestellt wurde. Das Arbeitsgericht hat am 22.02.2008 gegen den Beklagten ein der Klage in beiden Punkten stattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Der Beklagte hat dagegen rechtzeitig Einspruch eingelegt. Nach Anerkennung des Zeugnisanspruchs hat das Arbeitsgericht am 2.04.2008 durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 2.04.2008 das Versäumnisurteil hinsichtlich des Zeugnisanspruchs aufrecht erhalten.
Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts und des Vorbringens beider Parteien in erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 147 – 150 d. A.) Bezug genommen.
Mit Schluss-Urteil vom 3.09.2008 hat das Arbeitsgericht Wiesbaden das Versäumnisurteil hinsichtlich des Zahlungsanspruchs aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass es an einer ausdrücklichen Anordnung von Überstunden fehle und dass die Klägerin, um eine Duldung der Überstunden seitens des Beklagten annehmen zu können, nicht in erforderlichem Umfang dargelegt habe, dass und weshalb die von ihr geleisteten Überstunden sachdien...