Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragliche Altersgrenze für Flugzeugführer Art. 12 GG. Vertragliche Altersgrenze für Flugzeugführer;
Leitsatz (amtlich)
1) Der Tatbestand der „Fortsetzung” des Arbeitsverhältnisses i. S. des § 626 BGB ist nicht erfüllt, wenn eine Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht erfolgt,
2) Zu den Voraussetzungen für eine wirksame Inbezugnahme einer einseitig vom Arbeitgeber geschaffenen „Beschäftigungsordnung”, aus der sich der Inhalt einer Vielzahl von Arbeitsverhältnissen ergibt,
3) § 41 Abs. 1 S. 2 LuftBO gilt nach Art. 1 Nr. 2 § 1 Abs. 2 Nr. 1 der V. O. vom 29.07.1998 in Verbindung mit JAR-OPS 1 deutsch und der dortigen „Anordnung” zu „Abschnitt N” ab 01.09.1998 für Flugzeugführer bis zum Inkrafttreten der JAR-FCL weiter.
4) Die auf die Vollendung des 60. Lebensjahres befristete Dauer des Arbeitsverhältnisses eines Flugzeugführers i. S. des v. g. Art. 1 Nr. 2 § 1 Abs. 2 Nr. 1 der V.O. vom 29.07.1998 ist sachlich begründet und daher wirksam.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 626, 625; LuftBO § 41 Abs. 1 S. 2; VO v. 29.07.1998 (BGB I S, 1989); JAR-OPS 1 deutsch Banz. v. 04.08.1998 (26.09.1998)
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 27.10.1999; Aktenzeichen 9 Ca 474/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 27.10.1999 – 9 Ca 474/98 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Altersgrenzenregelung.
Der am 18.11.1938 geborene Kläger wurde auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 28.06.1991 (s. Bl. 17, 18 d. A.) seit dem 01.07.1991 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten und nachfolgend bei der Beklagten selbst als Flugkapitän beschäftigt. Er verdiente zuletzt DM 21.300,00 brutto monatlich.
Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält auszugsweise folgende Regelung:
„§ 2 Rechte und Pflichten des Mitarbeiters
Die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters ergeben sich aus der Beschäftigungsordnung der GCS, die Bestandteil dieses Arbeitsvertrages sind, sowie den jeweils gültigen Dienstvorschriften der GCS.”
Der Arbeitsvertrag endet u. a. mit folgenden Sätzen:
„Dieser Vertrag wurde doppelt ausgefertigt und jedem Vertragspartner ein unterschriebenes Exemplar ausgehändigt. Der Mitarbeiter bestätigt damit zusätzlich, die Beschäftigungsordnung gemäß § 2 des Arbeitsvertrages erhalten zu haben.”
In § 10 der Beschäftigungsordnung ist unter der Überschrift „Altersbegrenzung/Rentenzahlung” folgendes bestimmt (s. Bl. 22 d. A.):
„Der Arbeitsvertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens dann, wenn der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Soweit ein Gesetz oder eine Verordnung den fliegerischen Einsatz über ein bestimmtes Alter hinaus durch eine zwingende oder eine Soll-Bestimmung nicht gestattet, endet der Arbeitsvertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn der Mitarbeiter das dort bestimmte Lebensjahr vollendet (gemäß § 41 Abs. 1 der Betriebsordnung).”
Mit Schreiben vom 14.09.1998 teilte die Beklagte dem Kläger u. a. mit:
„… Hiermit bestätigen wir Ihnen die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer mit unserer Gesellschaft mit Ablauf des 30.11.1998 unter Bezugnahme auf die entsprechenden arbeitsvertraglichen und behördlichen Regelungen …”
Eine betriebliche Übergangsversorgung bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters besteht nicht. Der seit dem 01.01.1996 geltende Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Cockpit-Personal der Beklagten bestimmt in seinem § 19:
„Beendigung des Arbeitsverhältnisses
wegen Erreichens der Altersgrenze
(1) Das Arbeitsverhältnis endet – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird.
(2) Cockpitmitarbeiter können nach Erreichen der Altersgrenze, wenn und solange sie noch voll leistungsfähig sind, in einer anderen Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft weiter beschäftigt werden, sofern eine fliegerische Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Cockpitmitarbeiter kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder auf Seiten der LCAG noch auf Seiten des Cockpitmitarbeiters.”
Der Kläger ist an diesen Tarifvertrag nicht gebunden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Schreiben der Beklagten vom 14.09.1998 sei eine Kündigung (s. Bl. 32 d. A.), die aber keine Wirksamkeit erlangt habe. Jedenfalls habe sich an die erste Befristung des Arbeitsvertrages eine in der Zeit vom 19.11. bis zum 30.11.1998 bestehende zweite Befristung angeschlossen, für die es keinen sachlichen Grund gegeben habe (s. Bl. 32 d. A.). Auch ein sonstiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30.11.1998 sei nicht ersichtlich. § 10 der Beschäftigungsordnung beziehe sich auf einen „§ 41 Abs. 1 der Betriebsordnung”, den es nicht gebe. Der Kläger habe di...