Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB. Auslegung. Kündigungsfrist. Probezeit. Unklarheitenregel. Kündigungsfrist bei vereinbarter Probezeit
Leitsatz (redaktionell)
Alleiniger Zweck der Vereinbarung einer Probezeit kann es sein, die verkürzte Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB zur Geltung zu bringen.
Normenkette
BGB § 622 Abs. 3, § 305 c Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Fulda (Entscheidung vom 24.11.2011; Aktenzeichen 2 Ca 129/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 24. November 2011, 2 Ca 129/11, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, mit welcher Kündigungsfrist eine gegenüber dem Kläger während einer vereinbarten Probezeit ausgesprochene Kündigung der Beklagten ihr Arbeitsverhältnis beendet hat.
Der Kläger war aufgrund Anstellungsvertrages vom 16. Juni 2011 bei der Beklagten als Mitarbeiter im Verkaufsaußendienst beschäftigt. § 11 des von der Beklagten vorformulierten und gestellten Anstellungsvertrages, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 9 f d.A.), lautet:
§ 11
1. Das Arbeitsverhältnis beginnt zum frühestmöglichen Zeitpunkt jedoch spätestens zum 1. Juli 2011. Es ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Kündigung vor Arbeitsantritt ist ausgeschlossen.
2. Die Probezeit beträgt 6 Monate.
3. Das Anstellungsverhältnis von beiden Seiten unter Einhaltung einer Frist von 3 Kalendermonaten zum Monatsende gekündigt werden. Jede Kündigung muss schriftlich erfolgen. Das Recht zur fristlosen Kündigung bleibt unberührt.
4. Im Falle der Kündigung ist die Gesellschaft berechtigt, den Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freizustellen.
5. Im Falle einer schuldhaften Nichtaufnahme der Arbeit oder im Falle einer vertragswidrigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch den Arbeitnehmer behält sich die Gesellschaft das Recht vor, eine Vertragsstrafe in Höhe von drei Monatsgehältern festzusetzen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadensersatzanspruches bleibt vorbehalten.
Mit Schreiben vom 02. August 2011 (Bl. 18 d.A.), dem Kläger am 04. August 2011 zugegangen, erklärte die Beklagte, sie kündige das Arbeitsverhältnis "fristgerecht, innerhalb der Probezeit, mit sofortiger Wirkung".
Nachdem die Beklagte klargestellt hatte, es habe keine außerordentliche, sondern lediglich eine ordentliche Kündigung während der Probezeit ausgesprochen werden sollen, haben die Parteien nur noch über die Dauer der einzuhaltenden Kündigungsfrist gestritten. Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 49, 50 d.A.).
Das Arbeitsgericht Fulda hat der Klage durch am 24. November 2011 verkündetes Urteil, 2 Ca 129/11, in den zuletzt gestellten Anträgen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigungsfrist betrage gemäß § 11 Nr. 3 des Arbeitsvertrages drei Monate zum Monatsende. Nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden bleibe unklar, ob die Vertragsparteien mit § 11 Nr. 3 des Arbeitsvertrages einen Schutz durch verlängerte Kündigungsfrist auch während der Probezeit hätten gewähren wollen, so dass aufgrund der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB von der für den Kläger günstigeren Auslegung auszugehen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 51 bis 54 d.A.).
Gegen dieses ihr am 12. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06. Januar 2012 Berufung eingelegt und diese am 09. Februar 2012 begründet.
Sie vertieft ihre Argumentation und meint, für die Probezeitkündigung gelte eine zweiwöchige Kündigungsfrist. Für die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB bestehe kein Raum, da nach gebotener Auslegung nur dieses Auslegungsergebnis vertretbar sei. Entgegen der angefochtenen Entscheidung sei auch alleiniger und ausschließlicher Zweck einer Probezeit die Verkürzung der Kündigungsfrist. Wenn ohnehin eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende bestehe, hätte überhaupt kein Grund bestanden, eine Probezeit zu vereinbaren. Gerade auch im Bereich des Vertriebs könne ein Arbeitgeber die Qualitäten eines Mitarbeiters regelmäßig erst in der Praxis feststellen und habe die Vereinbarung einer Probezeit erheblichen Sinn. Sie habe bewusst die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses nutzen wollen, um die Vertriebsfähigkeiten des Klägers zu beobachten und beurteilen zu können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 24. November 2011, 2 Ca 129/11, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung seiner Argumentation. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses an einer möglichst k...