1.4.1 Allgemeines
Gemäß § 55 Abs. 2 BPersVG ist eine Abordnung, Zuweisung bzw. Versetzung gegen den Willen des Betroffenen nur zulässig, wenn dies unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft im Personalrat aus wichtigen dienstlichen Gründen gerechtfertigt ist und der Personalrat der Maßnahme auch zugestimmt hat. Hintergrund dieser Regelung ist, dass gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG das Ausscheiden aus der Dienststelle zur Beendigung des Personalratsamts führt. Aus diesem Grund soll § 55 Abs. 2 BPersVG Mitgliedern des Personalrats vor Versetzungen, Zuweisungen und Abordnungen gegen deren Willen schützen. Es soll hierdurch die ungestörte und unbehinderte Personalrechtsarbeit sowie die Zusammensetzung des Personalrats sichergestellt werden und den Mitgliedern des Personalrats die für die Ausübung ihrer Tätigkeit notwendige Unabhängigkeit gegenüber dienstlichen Maßnahmen eingeräumt werden, die sie dauernd oder vorübergehend an der Ausübung ihres Amts hindern könnten. § 55 Abs. 2 BPersVG entspricht mit redaktionellen Änderungen § 47 a. F. Es wurde im Zuge der Änderung der BPersVG im Jahre 2021 lediglich der Anwendungsbereich der Norm auf die Zuweisung (§ 78 Abs. 1 Nr. 7 BPersVG) erweitert. Hierdurch sollte die Rechtsunsicherheiten beseitigt werden, ob die alte Fassung entsprechend auf die Zuweisung anwendbar war; da jedoch Versetzung, Abordnung und Zuweisung in ihren Rechtswirkungen vergleichbar sind, war es gerechtfertigt, die Zuweisung in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen.
1.4.2 Geltungsbereich
Der Versetzungs-, Zuweisungs- und Abordnungsschutz gilt zunächst für alle Mitglieder des Personalrats, sowohl für Beamte als auch für Angestellte oder Arbeiter. Daneben findet die Vorschrift Anwendung auf Mitglieder der Stufenvertretungen, § 91 BPersVG, den Gesamtpersonalrat, § 94 i. V. m. § 91 BPersVG, der Jugend- und Auszubildenden(-stufen)vertretungen, § 105 bzw. § 107 BPersVG. Auch Mitglieder des Wahlvorstands sowie Wahlbewerber fallen unter den Schutz, allerdings ist aufgrund des fehlenden Verweises in § 25 BPersVG auf § 55 Abs. 2 Satz 3 BPersVG keine Zustimmung des Personalrats notwendig. Geschützt sind ebenfalls die Vertrauensleute der Schwerbehinderten gemäß § 179 Abs. 3 SGB IX und die Mitglieder der Konzern- Gesamt-, Bezirks-, und Hauptschwerbehindertenvertretung, § 180 Abs. 7 SGB IX i. V. m. § 179 Abs. 3.
Gemäß § 55 Abs. 3 BPersVG findet der Schutz keine Anwendung auf Beamte im Vorbereitungsdienst bzw. bei Beschäftigten in entsprechender Ausbildung. In diesen Fällen greift jedoch das Benachteiligungsverbot des § 10 BPersVG.
Der zeitliche Anwendungsbereich entspricht dem des Abs. 1 (vgl. Abschnitt 1.3.1.2). Zudem greift der Schutz des Abs. 2 auch dann ein, soweit eine Maßnahme vor Ablauf der Amtszeit erlassen wird, aber erst nach Beendigung wirksam werden soll, soweit der Betroffene vor Wirksamwerden der Versetzung bzw. Abordnung erneut in den Personalrat gewählt wird. Ein nachwirkender Schutz, entsprechend § 15 Abs. 2 Satz 2 KSchG besteht dagegen nicht, d. h. der Betroffene kann sich nur solange auf einen Versetzungs- bzw. Abordnungsschutz berufen, als er Mitglied in der Personalvertretung ist.
1.4.3 Versetzung und Abordnung
1.4.3.1 Begriffsbestimmung
Der Versetzungs- bzw. Abordnungsbegriff hängt vom jeweiligen Status des betroffenen Personalratsmitglieds ab.
Soweit es sich hier um einen Arbeitnehmer handelt, sind für die Begriffsbestimmung die tariflichen Regelungen, wie z. B. § 4 TVöD/TV-L oder auch § 8 Abs. 6 MTArb, maßgebend. Gemäß der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 4 Abs. 1 TVöD/TV-L ist eine Versetzung ‹die Zuweisung einer auf Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses›. Dagegen ist die Abordnung nur auf eine vorübergehende Beschäftigung gerichtet, vgl. Protokollerklärung Nr. 1 zu § 4 Abs. 1 TVöD. Eine tarifliche Definition der Zuweisung enthält § 4 Abs. 2 TVöD/TV-L.
Bei Beamten richten sich dagegen die Begriffe nach Beamtenrecht. Versetzung bedeutet hier eine dauerhafte Übertragung eines anderen Amts im funktionellen Sinn bei einer anderen Behörde bei entweder demselben oder auch einem anderen Dienstherrn. Das Amt wird zum einen bestimmt durch den spezifischen Aufgabenbereich, zum anderen durch die Eingliederung in eine bestimmte Behörde, vgl. § 26 BBG a. F., § 15 BeamtStG. Sonach liegt keine Versetzung vor, soweit die Dienststelle nicht gewechselt wird. Abordnung dagegen bedeutet die nur vorübergehende Zuweisung einer dem Amt des Betroffenen entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn, § 27 BBG a. F, § 14 BeamtStG. Erforderlich ist somit auch hier ein Wechsel der Dienststelle. Die Zuweisung ist geregelt in § 20 BeamtStG.
Dem besonderen Schutz unterliegen auch Umsetzungen in derselben Dienststelle, soweit sie mit einem Wechsel des Dienstorts verbunden sind, § 55 Abs. 2 Satz ...