1. Unaufschiebbarkeit der Maßnahme
Die Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens kann zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung führen. Hierdurch kann die Funktionsfähigkeit der Verwaltung sowie auch öffentliche Belange erheblich beeinträchtigt werden. Um dem vorzubeugen, sind bei gleichzeitiger Wahrung des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung vorläufige Regelungen möglich.
Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung, ist daher beschränkt auf Maßnahmen, die ihrer Natur nach unaufschiebbar sind. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, der auch einer objektiven Prüfung standhält. Für die Dienststelle muss sich die Situation derart darstellen, dass sie keinen Tag mehr zuwarten darf, ohne dass das Wohl der Allgemeinheit erheblich beeinträchtigt würde. Unaufschiebbarkeit ist daher mehr als bloße Eilbedürftigkeit. Bei bloßer Eilbedürftigkeit ist als milderes Mittel von der Möglichkeit der Fristverkürzung (§ 70Abs. 3 Satz 2 BPersVG) Gebrauch zu machen. Nur wenn diese Möglichkeit nicht ausreichend ist, um die Erfüllung wichtiger öffentlicher Aufgaben oder die Funktionsfähigkeit der Dienststelle sicherzustellen, ist die Unaufschiebbarkeit der Maßnahme zu bejahen.
Beispiele hierfür sind:
- Erlass eines Leistungsbescheids bei drohendem Fristablauf
- Inkraftsetzen eines Dienstplans zur Behebung von Verzögerungen bei der Dienststelle
- Abordnung eines Lehrers zur Deckung des Unterrichtsbedarfs an einer anderen Schule
2. Keine Vorwegnahme der endgültigen Maßnahme
Zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats muss sich die vorläufige Maßnahme auf das unumgänglich Notwendige beschränken und darf die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. So ist bei dem oben angeführten Leistungsbescheid zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen die Vollstreckbarkeit auszusetzen. Oder bei dem anderen Beispiel der Abordnung des Lehrers zur Deckung des Unterrichtsbedarfs darf keine Versetzung vorgenommen werden. Unzulässig wären daher beamtenrechtliche Gestaltungsmaßnahmen wie Ernennung oder Versetzung. Soll ein Beamter eingestellt werden, so könnte der Vorläufigkeit der Maßnahme z. B. dadurch Rechnung getragen werden, dass er zunächst als Beschäftigter befristet eingestellt wird. Unzulässig wären auch die Durchführung von Disziplinarmaßnahmen oder die Kündigung von Wohnungen. Vollendete Tatsachen würden unzulässigerweise auch geschaffen bei der Anordnung von Überstunden sowie bei der vorbehaltlosen und unbefristeten Einstellung von Beschäftigten oder deren Kündigung.
Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings ausnahmsweise die Schaffung vollendeter Tatsachen zulässig, wenn bei einer weiteren Verzögerung die Gefahr der Schädigung überragender Gemeinschaftsgüter bestünde.
3. Zeitpunkt der vorläufigen Maßnahme
Die Möglichkeit, eine vorläufige Regelung zu treffen, ist bereits vor Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens möglich. Sie kann auch danach während jedes Stadiums des Mitbestimmungsverfahrens bis zum endgültigen Abschluss durch Beschluss der Einigungsstelle getroffen werden. Wird eine vorläufige Regelung getroffen, ist das Mitbestimmungsverfahren unverzüglich einzuleiten bzw. beschleunigt fortzuführen.
Nach Beendigung des Mitbestimmungsverfahrens ist je nach deren Ergebnis die vorläufige Regelung entweder in eine dauerhafte überzuführen oder aber sie ist unverzüglich aufzuheben.
4. Rechtsschutz der Personalvertretung
Die Personalvertretung ist vom Erlass der vorläufigen Regelung unverzüglich zu unterrichten. Die vorläufige Regelung ist dem Personalrat gegenüber auch zu begründen. Für die Begründung ist keine Form vorgesehen. Aus der Begründung müssen sich die Art der vorläufigen Maßnahme, ihre zeitliche Beschränkung als auch die Umstände ergeben, auf denen die Unaufschiebbarkeit der Maßnahme beruht.
Erachtet die Personalvertretung die Voraussetzungen für den Erlass einer vorläufigen Regelung als nicht erfüllt, kann sie sich hier gegen im Wege einer einstweiligen Verfügung nach § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zur Wehr setzen.