2.1.1 § 74 und § 75 LPVG BW: Mitbestimmung (uneingeschränkte und eingeschränkte)
2.1.1.1 Unterschied uneingeschränkte und eingeschränkte Mitbestimmung
Die Parallelnormen zu § 78 BPersVG sind in Baden-Württemberg die §§ 74 und 75 LPVG BW. § 74 LPVG BW enthält die (in der Praxis eher selten vorkommenden) Tatbestände der uneingeschränkten Mitbestimmung. § 75 LPVG BW enthält die (in der Praxis recht häufig vorkommenden) Fälle der eingeschränkten Mitbestimmung. Vorab erscheint es daher sinnvoll, sich den Unterschied beider Mitbestimmungsverfahren klarzumachen. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass die (in beiden Fällen zu bildende) Einigungsstelle im Falle der uneingeschränkten Mitbestimmung endgültig entscheidet, während sie in den Fällen der nur eingeschränkten Mitbestimmung lediglich eine Empfehlung abgeben darf – und zwar an das Ministerium (bei Verfahren, die im gestuften Aufbau der Landesbehörden ablaufen, also einen Landesbeschäftigten betreffen) bzw. an den Gemeinderat/Kreistag oder dessen entscheidungszuständigen Ausschuss (wenn das Verfahren bei einer Kommune abläuft, also einen Beschäftigten bei einer Gemeinde, einer Stadt oder einem Landkreis betrifft).
2.1.1.2 Mitbestimmungspflichtige Maßnahmen
Das Mitbestimmungsrecht ist das stärkste Beteiligungsrecht des Personalrats. Mitbestimmungspflichtige Maßnahmen sind in den Katalogen der §§ 74 und 75 LPVG BW abschließend aufgezählt und können grundsätzlich nur mit Zustimmung der Personalvertretung getroffen werden. Das bedeutet, dass die beabsichtigte Maßnahme nicht durchgeführt werden darf, solange die erforderliche Zustimmung nicht vorliegt. >Die Dienststelle darf zwar u. U. vorläufige Maßnahmen treffen, wenn die Voraussetzungen des § 88 Abs. 4 LPVG BW gegeben sind, allerdings sollte von dieser Möglichkeit in der Praxis nur vorsichtig Gebrauch gemacht werden). Will der Personalrat seine Zustimmung verweigern, muss er dies schriftlich, mit Angabe sachgerechter Gründe und unter Einhaltung der einschlägigen Frist (grundsätzlich 3 Wochen) mitteilen – ansonsten gilt die Maßnahme als gebilligt (vgl. § 76 Abs. 9 Satz 1 i. V. m. Abs. 6 LPVG BW). In der mehrstufig aufgebauten Landesverwaltung gilt: Eine verweigerte Zustimmung des örtlichen Personalrats kann bei Fortsetzung des Einigungsverfahrens zunächst einmal möglicherweise ersetzt werden – und zwar entweder durch Zustimmung einer Stufenvertretung (z. B. Bezirkspersonalrat bei der Mittelbehörde oder Hauptpersonalrat beim Ministerium, vgl. § 55 Abs. 1 LPVG BW) oder letztlich im Verfahren vor der gemäß § 79 LPVG BW beim Ministerium zu bildenden Einigungsstelle (siehe zum genauen Verfahrensablauf § 76 bis 79 LPVG BW). Wird demnach eine Einigungsstelle gebildet, trifft diese einen Beschluss.
Für Verwaltungen ohne gestuften Aufbau, insbesondere also bei den Kommunen, sind die besonderen Regelungen in § 89 Abs. 1 LPVG BW zu beachten. Danach kann bei einer Zustimmungsverweigerung des Personalrats die Dienststelle oder der Personalrat das "oberste Organ" oder den an dessen Stelle zuständigen "Ausschuss dieses Organs" anrufen, d. h. also beispielsweise den Gemeinderat/Kreistag oder etwa dessen Verwaltungs- und Finanzausschuss. Gelingt auch diesem keine Einigung mit dem Personalrat, wird auch hier eine Einigungsstelle gebildet, die einen Beschluss trifft (§ 89 Abs. 1 i. V. m. § 78 LPVG BW).
2.1.1.3 Bindungswirkung eines Beschlusses der Einigungsstelle
In beiden oben genannten Verfahren liegt also am Ende ein Beschluss der Einigungsstelle vor. Was nun aber die Bindungskraft dieses Beschlusses betrifft, muss differenziert werden. Denn an dieser Stelle unterscheidet nun das Gesetz (in § 78 Abs. 2 und 4 LPVG BW) zwischen uneingeschränkter und eingeschränkter Mitbestimmung: In den wenigen Fällen der uneingeschränkten Mitbestimmung (§ 74 LPVG) ist der Beschluss bindend, d. h. die Einigungsstelle entscheidet abschließend und für alle Beteiligten bindend über die geplante Maßnahme (§ 78 Abs. 2 Satz 1 LPVG BW). Bei manchen Beschlüssen der Einigungsstelle allerdings hat die Landesregierung (bzw. bei Kommunen usw. deren oberstes Organ, also der Gemeinderat bzw. der Kreistag) ein sogenanntes Evokationsrecht. Dies betrifft solche Beschlüsse, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsverantwortung sind. Die Landesregierung (bzw. das oberste Organ) darf in diesen Fällen den Beschluss der Einigungsstelle ganz oder teilweise aufheben und sodann endgültig entscheiden (siehe im Einzelnen § 78 Abs. 2 Satz 3 bis 6 LPVG BW, ggf. i. V. m. § 89 Abs. 1 LPVG BW). Diese Fälle kommen in der Praxis aber recht selten vor. In den viel häufigeren Fällen der eingeschränkten Mitbestimmung (§ 75 LPVG BW) ist der Beschluss dagegen nicht bindend, sondern hat nur den Charakter einer Em...