Rz. 110
Insbesondere hinsichtlich des Datenaustauschs zwischen Rentenversicherung und Finanzbehörden zur Ermittlung des anrechenbaren Einkommens und auch hinsichtlich des benötigten Fachpersonals wird sich die verwaltungstechnische Umsetzung hinziehen und dürfte wegen § 307g auch erst Ende 2022 abgeschlossen sein (auf den mit dem Zuschlag verbundenen großen Verwaltungsaufwand verweist auch: Matlok/Schröder, RVaktuell 2020, 164; bis Anfang 2022 jedenfalls waren in Juris noch keine Entscheidungen eingestellt). Die DRV geht davon aus, dass bis Mitte 2021 die ersten Grundrentenbescheide verschickt werden. Dabei handelt es sich zunächst um Grundrentenbescheide an Neurentner; danach erfolgt eine gestaffelte Abarbeitung des Rentenbestandes. Für diese Aufgabe plant die DRV ein Zeitfenster bis Ende 2022 ein (vgl. DRV-Rundschreiben 3/2020 v. 8.7.2020 S. 2 f.); dabei sind knapp 26 Mio. teils sehr alte Versicherungskonten zu prüfen. Der Gesetzgeber geht selbst davon aus, dass es bei der Administrierung zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen kommt, falls die technische Infrastruktur nicht rechtzeitig – gesetzgeberisch anvisiert ist Juli 2021 – zur Verfügung steht. In diesem Falle wäre die Grundrente allenfalls mit einem unverhältnismäßigen zusätzlichen personellen Aufwand administrierbar (BT-Drs. 19/18473 S. 71; vgl. auch bei Fasshauer, GdS 2020, Nr. 7/8, 18). Letztlich erweitert § 307g Satz 1 das Zeitfenster zur Umsetzung bis zum 31.12.2022, da diese Regelung einen Anspruch auf Prüfung des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung vor Ablauf des 31.12.2022 ausschließt.
Rz. 110a
Personen der rentennahen Jahrgänge sollten zur Klärung der notwendigen 33 Jahre Grundrentenzeiten – sog. Türöffnerzeiten – eine Kontenklärung beim Rentenversicherungsträger beantragen.
Rz. 110b
Der höchstmögliche Zuschlag liegt (bezogen auf das Jahr 2020) bei 404,86 EUR brutto. Werden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen, ergibt das einen maximalen Netto-Zuschlag von 360,73 EUR. Aufgrund der erheblichen Zeitverzögerung bei der Administrierung der Grundrentenzuschläge können Rentennachzahlungen für Bestandsrentner im Einzelfall 10.000,00 EUR und mehr ausmachen (vgl. auch Haufe News vom 15.12.2020: "Der Grundrentenzuschlag als janusköpfige Hybridleistung", online abrufbar unter der Adresse: https://www.haufe.de/sozialwesen/versicherungen-beitraege/die-grundrente-im-faktencheck_240_532500.html, zuletzt abgerufen am 4.3.2024).
Rz. 110c
Offen bleiben die Folgen der Nachzahlung einer Grundrente auf Sozialhilfeleistungen, also insbesondere Grundsicherungsleistungen im Alter i. S. d. Vierten Kapitels des SGB XII – Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung; also §§ 41 ff. SGB XII. Die Auswirkungen der Nachzahlung des Grundrentenzuschlags auf solche Leistungen hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Lediglich durch eine neu eingefügte Regelung (§ 82a SGB XII) wird ein höherer monatlicher Betrag bei der Einkommensanrechnung berücksichtigt. Ansonsten bleibt es bei der Grundregelung, dass das Einkommen und das Vermögen in gewissem Umfang berücksichtigt werden. Eine rückwirkende Verrechnung mit seit dem 1.1.2021 bezogenen Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII scheidet zwar aus, da es sich hierbei um bedarfsdeckende Leistungen handelt. Rentennachzahlungen stellen jedoch im Zeitpunkt ihres Zuflusses, also im Zeitpunkt der Rentennachzahlung selbst, Einkommen dar und führen daher zur Anrechnung auf die Sozialhilfeleistungen. Im Folgemonat stellen Rentennachzahlungen Vermögen dar (vgl. auch Haufe News vom 15.12.2020: "Der Grundrentenzuschlag als janusköpfige Hybridleistung", online abrufbar unter der Adresse: https://www.haufe.de/sozialwesen/versicherungen-beitraege/die-grundrente-im-faktencheck_240_532500.html, zuletzt abgerufen am 4.3.2024).
Rz. 110d
Auch die Folgen des Grundrentenzuschlags auf den Krankenversicherungsschutz der Grundrentner ist noch nicht abschließend beurteilbar. Grundrentner, die neben einer beitragsbezogenen Rente Sozialhilfeleistungen erhalten, haben auch einen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit (§ 48 SGB XII – Hilfe bei Krankheit). Für sie greift daher der krankenversicherungsrechtliche Auffangtatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht, der nur dann eine Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, wenn die betroffene Person keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat. Künftige Grundrentner, die auch Grundsicherung im Alter nach §§ 41 ff. SGB XII beziehen, genießen daher bereits hinreichenden Schutz. Wenn der Grundrentenzuschlag mit einer erheblichen Rentennachzahlung erfolgt, fällt der betroffene Grundrentner unter Umständen aus dem Leistungsbereich der Sozialhilfe heraus. Damit verliert er den Schutz der sozialhilferechtlichen Krankenhilfe. Denn allein durch den Erhalt der Nachzahlung, die im ersten Monat Einkommen und danach Vermögen darstellt, wird der Rentner zumindest für einen Monat – und ggf. auch länger – seinen notwendigen Lebensunterhalt...