Rz. 12
Auch für den Neubeginn der Verjährung gelten die Vorschriften des BGB sinngemäß. Nach § 212 BGB beginnt die Verjährung erneut, wenn
- der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
- eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungsmaßnahme vorgenommen oder beantragt wird.
Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder mangels der gesetzlichen Vorschriften aufgehoben wird.
Die Unterbrechung dauert fort, bis der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist oder das Verwaltungsverfahren, das zu seinem Erlass geführt hat, anderweitig erledigt ist.
Der Neubeginn der Verjährung bedeutet, dass die vor dem Neubeginn verstrichene Zeit für die Verjährungsfrist nicht mehr in Betracht kommt. Es beginnt eine neue Verjährungsfrist zu laufen. Die neue Verjährungsfrist beginnt nach dem Urteil des BSG v. 3.8.1966 (4 RJ 53/65, 3 RK 4/64) sofort zu laufen und nicht erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Verjährung neu begonnen hat. Sofort bedeutet gemäß § 187 BGB an dem auf das Anerkenntnis oder die Vollstreckungshandlung bzw. ihre Beantragung folgenden Tag (J. Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 212 Rz. 1, unter Bezug auf BGH, Urteil v. 15.8.2012, XII ZR 86/11).
Rz. 13
Die Verjährung beginnt erneut bei Anerkenntnis der Beitragsschuld durch den Schuldner vor Eintritt der Verjährung (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die Anerkennung der Beitragsschuld kann gegenüber der Krankenkasse durch Abschlagszahlungen, Zinszahlungen, Sicherheitsleistungen, einen Stundungsantrag oder in anderer Weise erfolgen. Eine vom Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsprüfung unterschriebene "Erklärung" ist nach dem Urteil des LSG Hessen aus dem Jahr 1958 (Die Beiträge 1959 S. 156) jedoch nicht unter allen Umständen als "Schuldanerkenntnis" des Arbeitgebers zu werten.
Das BSG hat mit Urteil v. 22.6.1966 (3 RK 4/64) auch ausgeführt, dass ein nach Eintritt der Verjährung abgegebenes Schuldanerkenntnis die bereits eingetretene Verjährung nicht mehr beseitigen kann.
Rz. 14
Nach der Streichung des § 25 Abs. 2 Satz 2 unterbricht eine schlichte Mahnung oder Zahlungsaufforderung nicht mehr die Verjährung bzw. führt nach neuem Recht nicht zur Hemmung aufgrund von Rechtsverfolgung.
Rz. 15
Ist die Beitragsforderung bereits bei Erlass einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung verjährt, kann die Unzulässigkeit der Vollstreckungsmaßnahme nach dem Urteil des BSG v. 2.3.1973 (12/3 RK 2/71) mit einer Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG geltend gemacht werden.
Rz. 16
Eine Beitragsforderung, die im Mai 2006 fällig war, würde am 1.1.2011 verjährt sein. Die Krankenkasse leitet daher zur Unterbrechung der Verjährung am 12.11.2010 die Zwangsvollstreckung ein, die aber erfolglos bleibt. Die Beitragsforderung verjährt dann am 12.11.2014 – 4 Jahre nach dem Neubeginn der Verjährung – und nicht erst am 1.1.2015, sofern nicht der erneute Beginn der Verjährungsfrist unter den Voraussetzungen des § 212 Abs. 2 und 3 BGB ohnehin als nicht eingetreten gilt. Jede weitere Vollstreckungshandlung setzt dann eine neue Verjährungsfrist in Lauf.
Soweit allerdings die Beitragsforderung durch Verwaltungsakt rechtskräftig festgestellt worden ist und der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, gilt § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB entsprechend. Das bedeutet, dass eine so festgestellte Beitragsforderung erst nach 30 Jahren verjährt, auch wenn sie an sich einer kürzeren Verjährung unterliegt.