2.1 Laufende Verwaltungsgeschäfte
Rz. 3
In Abs. 1 der Vorschrift werden die Aufgaben des Geschäftsführers bestimmt, wobei das Gesetz nicht definiert, was unter laufenden Verwaltungsgeschäften, die der Geschäftsführer hauptamtlich zu führen hat, zu verstehen ist. In der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drs. 7/4122 S. 35) hat der Gesetzgeber dargelegt, dass ihm eine umfassende Beschreibung dieser Geschäfte nicht möglich sei, weil deren Umfang je nach Größe der einzelnen Versicherungsträger unterschiedlich sein könnte. In der Regel gehören jedoch die Beaufsichtigung des inneren Dienstes, die Feststellung und der Einzug von Beiträgen sowie die Entscheidung über Leistungen dazu. Als weiteres Abgrenzungskriterium ist noch heranzuziehen, ob es bei der Erledigung der Aufgabe auf die Rechtsanwendung ankommt; denn Aufgaben dieser Art können regelmäßig besser vom hauptamtlichen Geschäftsführer als vom ehrenamtlichen Vorstand wahrgenommen werden. Die Rechtsprechung (BSGE 26 S. 129) hat die laufenden Verwaltungsgeschäfte (ähnlich wie im Kommunalrecht) auf solche Geschäfte beschränkt, die mehr oder weniger regelmäßig wiederkehren, sich nicht auf Verwaltungspolitik beziehen sowie sachlich und wirtschaftlich keine erhebliche Bedeutung haben. Dabei hat das BSG auch angeregt, der Gesetzgeber solle die Gegenstände, die in den Kompetenzbereich des Vorstandes fallen, enumerativ festlegen und die Verwaltungskompetenz im Übrigen dem Geschäftsführer zuweisen; eine Gemengelage sei mit modernem Verwaltungsmanagement bei einzelnen Verwaltungskompetenzen nicht vereinbar. Eine Reaktion des Gesetzgebers blieb jedoch aus.
Rz. 4
Der Kreis der laufenden Verwaltungsgeschäfte wird nicht allein auf solche Geschäfte zu beschränken sein, die mehr oder weniger regelmäßig wiederkehren und sachlich, insbesondere wirtschaftlich keine Bedeutung haben. Diese Abgrenzung könnte allenfalls für den Selbstverwaltungsbereich im engeren Sinne (z. B. innere Organisationen des Versicherungsträgers) übernommen werden. Soweit es sich um die gesetzlichen Pflichten handelt, die sich in der Auslegung und Anwendung von Rechtsnormen erschöpfen, ist eine erhebliche Ausdehnung des Bereichs der laufenden Verwaltungsgeschäfte notwendig. Die auf dem Gesetzesvollzug basierenden Geschäfte rechnen selbst dann zu den laufenden Verwaltungsgeschäften, wenn es sich um finanziell sehr bedeutende Vorgänge handelt. Dazu gehören etwa die Feststellung und Rückforderung erheblicher Leistungsüberzahlungen, der Verzicht auf die Rückforderung von Leistungen, die Auszahlung erheblicher Leistungsnachzahlungen, die Geltendmachung von Schadensersatzanforderungen, nicht aber gegenüber Mitgliedern der Geschäftsführung (LSG Sachsen, Urteil v. 20.12.2001, L 1 A 1/10 LW). Bei Abgrenzungsproblemen im Einzelfall hat der Vorstand als das gemäß § 35 zentrale Organ des Versicherungsträgers nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er die Kompetenz des Geschäftsführers bejaht.
Rz. 5
Wie in Abs. 1 ausdrücklich aufgeführt, zählt zu den Aufgaben des Geschäftsführers auch die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung des Versicherungsträgers, die zu den laufenden Verwaltungsgeschäften gehört. Die Vertretung des Versicherungsträgers umfasst privatrechtliches und öffentlich-rechtliches Handeln. Der Geschäftsführer ist deshalb auch im gerichtlichen Verfahren berechtigt, Anerkenntnisse abzugeben, Vergleiche zu schließen und Rechtsbehelfe einzulegen. Nur in ganz besonderen Ausnahmesituationen kann die gerichtliche Vertretung des Versicherungsträgers in die Zuständigkeit des Vorstandes fallen, etwa wenn eine allgemein bedeutende Grundsatzfrage Gegenstand des Verfahrens ist oder der Geschäftsführer bzw. das Direktorium am Verfahren beteiligt ist (z. B. Verfahren wegen Amtsentbindung gemäß § 36 Abs. 2, Abs. 3a Satz 4, § 59 Abs. 2). Kraft Gesetzes oder untergesetzlicher Normen (z. B. Satzung) kann der Aufgabenbereich des Geschäftsführers erweitert oder eingeschränkt werden. Dies ist jedoch nur insoweit möglich, als der Kernbereich der Aufgaben der einzelnen Organe des Versicherungsträgers unberührt bleibt. Es kann also nicht dem Geschäftsführer die Setzung autonomen Rechts übertragen werden, da dies zum Kernbereich der Tätigkeit der Vertreterversammlung gehört. Andererseits können keine Einschränkungen im Aufgabenbereich des Geschäftsführers vorgenommen werden, die so weit gehen, dass ihm nicht wenigstens der Kernbereich der laufenden Verwaltungsgeschäfte verbleibt.
Rz. 6
Beispiele für laufende Verwaltungsgeschäfte sind:
- Festsetzung, Versagung oder Kürzung von Muss- oder Kann-Leistung,
- Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht,
- Feststellung der Versicherungsfreiheit oder -berechtigung,
- Beitragseinzug,
- Verwaltung von Betriebsmitteln,
- Geltendmachung von Ersatzansprüchen,
- Geltendmachung von Forderungen gegenüber Dritten,
- Personalentscheidungen von nicht grundlegender Bedeutung.
2.2 Grundsatz der Einpersonengeschäftsführung
Rz. 7
Aus der Entstehungsgeschichte dieser Norm ergibt sich, dass der Gesetzgeber von dem Grundsatz ausgegangen ist, ein Geschäftsführer würde ausreichend ...