0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Wirkung zum 1.7.1977 durch das Gesetz v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) in Kraft getreten. Durch das Dritte Gesetz zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze (3. Wahlrechtsverbesserungsgesetz – 3. WRVG) v. 29.4.1997 (BGBl. I S. 968) wurden Abs. 1 und 3 mit Wirkung zum 30.4.1997 redaktionell geändert. § 40 gilt seit dem 19.11.2009 i. d. F. der Bekanntmachung v. 12.11.2009 (BGBl. I S. 3710). Das Gesetz zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze (Gesetz Digitale Rentenübersicht) v. 11.2.2021 (BGBl. S. 154) hat Abs. 2 mit Wirkung zum 18.2.2021 ergänzt und Abs. 3 angefügt.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Durch § 40, der im Wesentlichen §§ 5 und 6 SVwG entspricht, wird in Ergänzung zu § 31 Abs. 1 Satz 1 die Rechtsstellung der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane sowie der Versichertenältesten und Vertrauenspersonen bestimmt. Die Vorschrift, die für alle Versicherungsträger mit Ausnahme der Bundesagentur für Arbeit gilt, bezieht sich auf die Mitglieder (und Stellvertreter) der Vertreterversammlung, der Bundesvertreterversammlung und des Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund, des Verwaltungsrates und des ehrenamtlichen Vorstandes sowie der besonderen Ausschüsse gemäß § 36a Abs. 3. Nicht anwendbar ist § 40 auf die Organe der Kassenärztlichen Vereinigungen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 9.9.1998, L 11 KA 33/97).
2 Rechtspraxis
2.1 Ehrenamt
Rz. 2
Die in Abs. 1 Satz 1 genannten Personen sind ehrenamtlich tätig. Eine ehrenamtliche Tätigkeit stellt jede unentgeltliche und weisungsfreie Mitwirkung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dar, die aufgrund behördlicher Bestellung außerhalb eines haupt- oder nebenamtlichen Dienstverhältnisses stattfindet (BT-Drs. 7/910 S. 93). Daraus ergibt sich, dass die Ausübung eines Ehrenamtes nicht zur Begründung eines Dienstverhältnisses führt. Es handelt sich dabei aber um ein Amtsverhältnis i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB mit allen strafrechtlichen Konsequenzen. Ferner gelten für ehrenamtlich Tätige auch die Strafvorschriften für Straftaten im Amt (§§ 331 ff. StGB), Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 335b StGB), Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) sowie Verwertung fremder Geheimnisse (§ 204 StGB). Gemäß § 35 SGB I i. V. m. §§ 67 ff. SGB X hat der ehrenamtlich Tätige das Sozialgeheimnis zu wahren.
Rz. 3
Die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane sind weisungsfrei und nur ihrem Gewissen verpflichtet. Er ist aber wohl – wie die Organe und Mitarbeiter des Versicherungsträgers – an das Gesetz und die sonstigen den Versicherungsträger bindenden Normen gebunden. Für die Versichertenältesten und Vertrauenspersonen gilt dies ebenfalls, jedoch haben sie im Interesse der Rechtssicherheit die Geschäftsanweisungen der Versicherungsträger zu beachten.
2.2 Rechte und Pflichten
Rz. 4
Das SGB IV regelt nicht, ob die Übernahme des Ehrenamtes abgelehnt werden kann. Es wird ebenso nicht kodifiziert, dass eine Pflicht zur Übernahme des Ehrenamtes besteht. Bereits daraus ist zu schließen, dass die Amtsübernahme ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden darf. Da die Amtsübernahme auch haftungsrechtlich relevant ist (§ 42), muss die Ablehnung auch aus diesem Grunde zulässig sein.
In erster Linie sind die Rechte auf Wahrnehmung des Amtes und auf Gewährleistung einer sachgerechten Amtsausübung zu nennen. Dafür bedarf es insbesondere der Erteilung umfassender Informationen und Auskünfte, der Übermittlung von Beratungsunterlagen, der Beratung durch den Geschäftsführer bzw. den hauptamtlichen Vorstand sowie der Teilnahme an Informations- und Schulungsveranstaltungen. Mit dem Recht auf Information korrespondiert die Pflicht der ehrenamtlich Tätigen, sich über die einschlägigen Bestimmungen, ihre Auslegung, die Verwaltungspraxis sowie die möglichen wirtschaftlichen Folgen ihrer Entscheidungen zu informieren (BSGE 39 S. 54, 62). Daneben sind das in § 41 näher bestimmte Recht auf Aufwandsentschädigung und die Gewährung von Unfallversicherungsschutz anzuführen.
Rz. 5
Die Hauptpflicht ist die persönliche Erfüllung der mit dem Amt verbundenen Funktionen. Dies ist nur dann möglich, wenn der Ehrenamtsinhaber eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Versicherungsträger hat, die ihn insbesondere verpflichtet, alle Handlungen zu unterlassen, die dem Versicherungsträger abträglich sind (Loyalität). Im Rahmen dieser Treuepflicht ist vorrangig auf die Beachtung des Sozialgeheimnisses sowie die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen hinzuweisen.
2.3 Stellvertretung
Rz. 6
In Abs. 1 Satz 2 und 3 wird klarstellend erwähnt, dass die Rechte und Pflichten auch die Stellvertreter betreffen, soweit sie die Aufgaben wahrnehmen. Stellvertreter sind die als solche in der Vorschlagsliste benannten und verfügbaren Personen (§ 43 Abs. 2 Satz 2). Da ein stellvertretendes Mitglied seine Aufgaben in der Sitzung eines Selbstverwaltungsorgans nur wahrnehmen kann, wenn es umfassend, d. h. wie ein or...