Rz. 3
Voraussetzung für die Zulassung der vorläufigen Haushaltsführung durch den Vorstand ist, dass der Haushaltsplan nicht rechtzeitig zum Beginn des Haushaltsjahres in Kraft treten konnte. Grund dafür kann sein, dass
- der Haushaltsplan entgegen dem Grundsatz der Vorherigkeit vom Vorstand verspätet aufgestellt wurde oder, bei den nach § 70 dazu verpflichteten Versicherungsträgern, verspätet der Aufsichtsbehörde bzw. der Bundesregierung vorgelegt wurde,
- Rückmeldungen der Aufsichtsbehörde bzw. der Bundesregierung nicht rechtzeitig beim Versicherungsträger eingingen oder deren Beanstandungen von der Vertreterversammlung bzw. vom Verwaltungsrat bei der Feststellung des Haushaltsplans nicht berücksichtigt wurden,
- die Vertreterversammlung bzw. der Verwaltungsrat die Feststellung nicht rechtzeitig behandelt hat,
- der festgestellte Haushaltsplan von den betroffenen Versicherungsträgern (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Bundesagentur für Arbeit, Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, Unfallversicherung Bund und Bahn) verspätet der genehmigenden Stelle (Bundesregierung, Bundesversicherungsamt) vorgelegt wurde oder die Genehmigung von dort für einzelne Ansätze versagt, verspätet oder unter Bedingungen und mit Auflagen erteilt wurde.
Im Falle einer Nichtgenehmigung oder einer Beanstandung ist das Verfahren nach § 89 mitsamt vorangehender Beratung und Fristsetzung mit Verpflichtungsbescheid zu beachten. Dabei wird von der Aufsichtsbehörde neben einer individuellen Beratung auch verlangt, dem Versicherungsträger mögliche Maßnahmen aufzuzeigen, wie er die Rechtsverletzung beheben kann (vgl. BSG, Entscheidung v. 20.6.1990, 1 RR 4/89). Sofern Klage gegen die Aufsichtsmittel erhoben wurde, hat diese nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung und der Haushaltsplan wird wirksam (sofern die aufschiebende Wirkung nicht aufgrund besonderer Regelungen entfällt, § 86a Abs. 2 SGG).
Rz. 4
Liegt die Notwendigkeit der vorläufigen Haushaltsführung vor, hat der Vorstand einen Beschluss über die vorläufige Haushaltsführung im Einklang mit der vorgesehenen Ermächtigung zu fassen. Eine Beteiligung der Vertreterversammlung bzw. des Verwaltungsrats sieht § 72 nicht vor. Fasst der Vorstand den erforderlichen Beschluss nicht, haben die Aufsichtsbehörde oder durch die Aufsichtsbehörde Beauftragte den Umfang der vorläufigen Haushaltsführung zu regeln (§ 37). Für die Bundesagentur für Arbeit gilt § 37 nicht (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2). Die vorläufige Haushaltsführung gemäß § 72 zuzulassen, ist bei der Bundesagentur für Arbeit eine Aufgabe der Leitung, die stets die Beschlussfassung durch den Vorstand erfordert (Geschäftsordnung des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit: § 13 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Buchst. e und § 7).