Rz. 8
Abs. 2 sieht vor, dass die Träger der Rentenversicherung auf Ersuchen nach § 45 SGB XII des Trägers der Sozialhilfe prüfen und entscheiden, ob auch bei solchen Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht haben, eine von der jeweiligen Arbeitsmarktlage unabhängige dauerhafte volle Erwerbsminderung vorliegt. Ein Leistungsberechtigter kann keinen Antrag stellen oder ein Ersuchen an den Rentenversicherungsträger richten. Durch den Gesetzeswortlaut "prüfen und entscheiden" ist klargestellt, dass die Zuständigkeit für die Feststellung der vollen Erwerbsminderung allein bei den Rentenversicherungsträgern liegt. Die Feststellung des Rentenversicherungsträgers ist kein Verwaltungsakt und kann somit nicht isoliert angefochten werden. Der ersuchende Sozialhilfeträger ist daran gebunden (§ 45 Satz 2 SGB XII). Die Träger der Sozialhilfe benötigen diese Feststellung bei der Prüfung der medizinischen Voraussetzungen gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII.
Stellt der Rentenversicherungsträger auf Ersuchen des zuständigen Trägers der Sozialhilfe fest, dass keine volle Erwerbsminderung vorliegt, hat er darüber hinaus eine gutachterliche Stellungnahme zur Erwerbsfähigkeit nach § 8 SGB II abzugeben. Das verhindert eine erneute Befassung des Rentenversicherungsträgers durch die Agentur für Arbeit gemäß § 44a Abs. 1 SGB II. Dieser Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie wurde eingeführt, weil der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Erwerbsfähigkeit i. S. d. SGB II immer zu prüfen hat. Was unter Erwerbsfähigkeit i. S. v. § 8 SGB II im Einzelnen zu verstehen ist, ist bisher von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Jedoch muss jedenfalls geprüft werden, ob der Betroffene unter Beachtung seines Gesundheitszustandes in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit von mindestens 3 Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf absehbarer Zeit nachzugehen. Die Arbeitsmarktlage ist hingegen außer Betracht zu lassen.
Rz. 9
Bisher entschieden die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nur auf Ersuchen der Träger der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ob die medizinischen Voraussetzungen der Erwerbsfähigkeit vorliegen. Nach Abs. 3 erbringen sie diese Serviceleistung auch dann, wenn in Verfahren der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein anderer Beteiligter der Entscheidung der Agentur für Arbeit widerspricht. Dieser Streitfall tritt etwa dann ein, wenn der Träger der Grundsicherung die Erwerbsfähigkeit verneint, jedoch ein anderer Sozialleistungsträger (z. B. der Krankenversicherungsträger) diese Auffassung nicht teilt.
Nach Abs. 3 Satz 2 ist vorgesehen, dass eine Prüfung und Feststellung auf ein Ersuchen der Agentur für Arbeit nach § 44a Abs. 1 Satz 4 SGB II auch die Prüfung und Feststellung des Vorliegens einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung einschließt. Ein Ersuchen des Trägers der Sozialhilfe ist dafür nicht erforderlich. Dadurch sollen Doppeluntersuchungen vermieden werden, wenn eine hilfebedürftige Person wegen voller Erwerbsminderung aufgrund der Entscheidung der Agentur für Arbeit nach § 44a Abs. 1 SGB II in den Bezug von Leistungen der Sozialhilfe wechselt und der Träger der Sozialhilfe dann im Zweifelsfall den Träger der Rentenversicherung ersuchen müsste, eine zweite Begutachtung vorzunehmen. Die zweite Begutachtung wäre erforderlich, um festzustellen, ob die volle Erwerbsminderung dauerhaft ist und deshalb eine Leistungsberechtigung nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) oder nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) besteht (BT-Drs. 17/2188 S. 17).