Rz. 32
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zulasten der gesetzlichen Rentenversicherung sind nach Abs. 2a auch erfüllt, wenn
der Rentenversicherungsträger dem Versicherten ohne diese Leistungen aus gesundheitlichen Gründen und unter Berücksichtigung aller sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voraussichtlich eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zahlen müsste
oder
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unmittelbar im Anschluss an medizinische Rehabilitationsleistungen (§ 15) oder Präventionsleistungen (§ 14) erforderlich sind.
Zu a)
§ 11 Abs. 2a Nr. 1 ist nur bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben anzuwenden – und dann auch nur, wenn
Ausgangszeitpunkt für die Betrachtung ist der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung. Ist dieser nicht genau feststellbar, gilt als Ausgangszeitpunkt der Tag der Stellung des Antrags auf die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in einer Werkstatt für behinderte Menschen steht regelmäßig das Ziel der Befähigung des behinderten Menschen für den Einsatz in der "Produktionsstufe Werkstatt" im Vordergrund. Die Teilhabeleistungen verhindern allerdings grundsätzlich nicht die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen i. S. d. § 11 Abs. 2a Nr. 1 werden deshalb bei diesem Personenkreis nicht erfüllt; hier ist i. d. R. die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit gegeben.
Zu b)
§ 11 Abs. 2a Nr. 2 ist anzuwenden, wenn bei der Beendigung der medizinischen Rehabilitationsleistungen (§ 15) aus medizinischer Sicht Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI i. V. m. §§ 33 ff. SGB IX) notwendig werden, damit der Versicherte wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (nicht: Werkstatt für behinderte Menschen) eingegliedert werden kann. Dies gilt auch, wenn im Rahmen eines Rentenverfahrens wegen Erwerbsminderung zunächst nur Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für notwendig erachtet werden und sich erst hieraus die Notwendigkeit anschließender Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ergibt. Das Erfordernis anschließender Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kann sich also
- vor (z. B. bei Antragsbearbeitung),
- während (z. B. aufgrund der Feststellung des behandelnden Rehabilitationsarztes) oder
- nach (z. B. bei Auswertung des Entlassungsberichts)
einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation ergeben.
Sinn der Vorschrift ist es, das gesamte Verfahren für Teilhabeleistungen bis zur Wiedereingliederung in einer Hand zu belassen, um einen zügigen und kontinuierlichen Ablauf und eine möglichst rasche Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu gewährleisten (vgl. auch § 4 Abs. 2 SGB IX). Damit kommt die Vorschrift den Zielvorstellungen der §§ 10 und 11 SGB IX sehr nah.
Die Notwendigkeit der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben muss im unmittelbaren Anschluss an medizinische Rehabilitationsleistungen bestehen. Bei der Prüfung der "Unmittelbarkeit" i. S. d. § 11 Abs. 2a Nr. 2 ist davon auszugehen, dass ein inhaltlicher und zeitlicher Zusammenhang noch dann gegeben ist, wenn zwischen dem Ende der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und dem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein Zeitraum von bis zu 6 Monaten liegt (Ergebnis der Besprechung 1/2002 der Arbeitsgruppe "Durchführung der Rehabilitation" [AGDR] am 14.2.2002, TOP 4).
Für die Annahme des "unmittelbaren Anschlusses" ist es unerheblich, ob die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wegen mangelnder Aufnahmekapazitäten erst zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden können. Entscheidend ist die Feststellung der Notwendigkeit der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger, nicht der Beginn ihrer Durchführung. Dabei schließt der Antrag auf medizinische Leistungen i.S.d. §§ 14, 15 den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein.
Diese Regelung kommt insbesondere der Bundesagentur für Arbeit zugute, die für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 22 Abs. 2 SGB III dann nicht leistungspflichtig ist, wenn der Rentenversicherungsträger die Kosten der Maßnahme zu übernehmen hat. Solange, wie das vom Rentenversicherungsträger gesetzte Teilhabeziel (§ 4 Abs. 1 SGB IX) nicht erreicht ist, ist er für das Verfahren und für die Durchführung der notwendigen Leistungen verantwortlich. Allerdings schließt auch ein Abbruch der Teilnahme an einer Rehabilitationsleistung das Verfahren und damit die vorrangige Leistungsverpflichtung ...