Rz. 7
Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine berufliche Ausbildung gelten gemäß § 54 Abs. 3 Satz 2 als beitragsgeminderte Zeiten. Dies hat zur Folge, dass für sie bei der Rentenberechnung zunächst gemäß § 70 Abs. 1 Entgeltpunkte für Beitragszeiten zu ermitteln sind. Als beitragsgeminderte Zeiten i. S. v. § 54 Abs. 3 Satz 2 erhalten sie gemäß § 71 Ab s. 2 darüber hinaus einen Zuschlag an Entgeltpunkten, dessen Höhe sich aus § 71 Abs. 1 i. V. m. § 74 Satz 1 bis 3 ergibt.
Rz. 8
Beitragsbemessungsgrundlagen werden vom Arbeitgeber i. d. R. für volle Kalenderjahre bescheinigt bzw. übermittelt. Eine Aufteilung der Beitragsbemessungsgrundlage ist vor dem Hintergrund der in §§ 54 Abs. 3 Satz 2, 71 Abs. 2, 74 Satz 1 bis 3 enthaltenen Regelungen in der Verwaltungspraxis deshalb auch in den Fällen vorzunehmen, in denen für ein Kalenderjahr neben Pflichtbeiträgen für eine (sonstige) abhängige Beschäftigung auch Pflichtbeiträge für eine berufliche Ausbildung gezahlt worden sind. Nach der ursprünglichen Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger war auch in diesen Fällen eine pauschale Aufteilung der Beitragsbemessungsgrundlage nach § 123 Abs. 3 vorzunehmen, und zwar selbst dann, wenn die Beitragsbemessungsgrundlage für die berufliche Ausbildung nachgewiesen werden konnte. Diese Rechtsauslegung war vor allem deshalb problematisch, weil Pflichtbeiträge für eine berufliche Ausbildung i. d. R. deutlich geringer sind als Pflichtbeiträge, die für eine abhängige Beschäftigung außerhalb einer Berufsausbildung gezahlt werden, was sich bei pauschaler Aufteilung der Beitragsbemessungsgrundlage auf die Höhe des Zuschlags an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (§ 71 Abs. 2) und damit für den betroffenen Versicherten nachteilig auswirken konnte.
Im Zusammenhang mit § 70 Abs. 3 Satz 2 a. F. hatte das BSG über die pauschale Aufteilung von Beitragsbemessungsgrundlagen (§ 123 Abs. 3) für Pflichtbeitragszeiten innerhalb und außerhalb einer beruflichen Ausbildung zu entscheiden und kam in seinem Urteil v. 28.10.1996 (8 RKn 19/95) zu dem Ergebnis, dass der in § 123 Abs. 3 enthaltenen Pauschalregelung nicht die Bedeutung beigemessen werden kann, dass dadurch eine individuelle Prüfung der tatsächlichen Verteilung der Beitragsbemessungsgrundlagen ausgeschlossen ist. Das BSG hielt vielmehr jeden abweichenden Einzelnachweis für zulässig und legte den Rentenversicherungsträgern mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB X) auf, in jedem Einzelfall und ohne Beschränkung auf bestimmte Beweismittel alle verfügbaren Erkenntnisquellen auszuschöpfen, um den tatsächlichen Sachverhalt zu erforschen. Dabei sollten an den Nachweis der "tatsächlichen Beitragsbemessungsgrundlage" für Zeiten der beruflichen Ausbildung keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Es reiche vielmehr schon aus, wenn – unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Ausbildungsvergütung im letzten Ausbildungsabschnitt – ein Ausbildungsvertrag vorgelegt werden könne, aus dem die Ausbildungsvergütung des letzten und vorletzten Ausbildungsjahres ersichtlich ist. Gleiches gilt, wenn aufgrund eines für den Ausbildungsberuf des Versicherten maßgebenden Tarifvertrages Rückschlüsse auf die Höhe der Ausbildungsvergütung gezogen werden könnten.
Rz. 9
Für abgeschlossene Verwaltungsverfahren, in denen nach § 123 Abs. 3 eine pauschale Aufteilung der Beitragsbemessungsgrundlage vorgenommen worden ist, bleibt es grundsätzlich bei der bisherigen Berechnung. Dies schließt allerdings eine diesbezügliche Abänderung des Verwaltungsaktes auf Antrag des Rentenberechtigten oder von Amts wegen bei Erkennen des Sachverhalts anlässlich eines späteren Verwaltungsverfahrens nicht aus.