Rz. 11
Gemäß § 69 Abs. 2 SGB IV und § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI hat der Rentenversicherungsträger den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten. Er hat somit bei der Bewilligung von Leistungen einzelfallbezogen zu prüfen, ob die beantragte Teilhabeleistung nach den Umständen des Einzelfalles sparsam und wirtschaftlich ist. In der Literatur werden die Begriffe der Effizienz und der Effektivität oft im Zusammenhang mit dem Begriff der Wirtschaftlichkeit verwendet. Die Effektivität kennzeichnet die Wirksamkeit der Rehabilitation bzw. den Grad der Zielerreichung. Eine Handlung ist umso effektiver, je mehr sie dazu beiträgt, vorgegebene Ziele zu erreichen. Die Effizienz definiert dagegen das Verhältnis der eingesetzten Mittel zum erreichten Ziel (vgl. auch Kliche, in: Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsanalyse im Bereich Rehabilitation).
Der Grundsatz der Sparsamkeit gebietet dem Träger, unter mehreren gleichwertigen Leistungen zur Erreichung des Teilhabeziels die weniger kostenaufwendigen Leistungen zu wählen, wenn dadurch ein gleich gutes Rehabilitations-/Teilhabeergebnis erreicht werden kann.
Die Anwendung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit darf auf jeden Fall nicht die notwendige Qualität der Teilhabeleistungen und damit die Chance auf Erreichung der Teilhabeziele beeinträchtigen.
Bei der Frage, mit welchen angemessenen Mitteln der wirksamste angemessene Teilhabeerfolg erzielt werden kann, muss stets geprüft werden, ob nicht aufgrund einer wirtschaftlicheren Art der erwünschte (angemessene) Teilhabeerfolg zu erzielen ist (vgl. BSG, Urteil v. 12.8.1982, 11 RA 62/81). Dabei ist auch zu prüfen, in welchem zeitlichen Rahmen der Teilhabeerfolg erzielt werden kann, ggf. ist sogar eine teurere Maßnahme mit einem zeitnahen Teilhabeerfolg wirtschaftlicher als eine preiswerte Maßnahme mit spät einsetzendem Teilhabeerfolg (z. B. wegen langer Wartezeiten oder wegen lang andauernder Therapie; vgl. BSG, Urteil v. 8.10.1992, 13 RJ 57/91; wegen länger anhaltendem Erfolg der Therapie vgl. auch BSG, Urteil v. 6.3.2012, B 1 KR 17/11 R). Im Übrigen sind Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom Rentenversicherungsträger nur durchzuführen, wenn sie "voraussichtlich erfolgreich" sind. Dieses kann aus Sicht des Rentenversicherungsträgers nur dann sein, wenn die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt prognostisch möglich erscheint (LSG München, Urteil v. 26.9.2018, L 19 R 444/16).
Sofern Kostenaspekte im Auswahlermessen berücksichtigt werden, sind bei einer Kosten-Nutzen-Analyse im Rahmen des Rehabilitationsrechts nicht nur "kaufmännische" Überlegungen zu berücksichtigen, sondern auch der diagnostische und therapeutische Nutzen zu würdigen.
Im Übrigen ist es im Hinblick auf das dem Rentenversicherungsträger zustehende Ermessen nicht zu beanstanden, dass der Rehabilitationsträger entgegen dem Wunsch des Antragstellers nicht einen teuren Anbieter zur Durchführung der stationären Rehabilitationsleistung ausgewählt hat (LSG Hessen, Urteil v. 11.8.2011, L 8 KR 334/10; vgl. auch BSG, Urteil v. 23.7.2002, B 3 KR 63/01 R).
Rz. 12
Bei der Prüfung, was als gewünschter, angemessener Rehabilitations- bzw. Teilhabeerfolg zu werten ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Kann aufgrund des Krankheitsbildes (Hauptindikation, Begleiterkrankungen) davon ausgegangen werden, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten nur minimal gesteigert oder nur für eine sehr kurze Zeit positiv beeinflusst werden kann, kommen Teilhabeleistungen dann nicht in Betracht, wenn sie unter Berücksichtigung der Kosten und des zu erreichenden Ziels unwirtschaftlich sind. Aufwand und Erfolg müssen in einem zumindest adäquaten Verhältnis stehen. Das bedeutet: Bei der Kosten-Nutzen-Relation sind die Interessen des Leistungsberechtigten und die der Versichertengemeinschaft gegeneinander abzuwägen.
In diesem Zusammenhang besteht ein Rechtsanspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung – und zwar unter Würdigung von berechtigten Wünschen (Näheres vgl. § 8 SGB IX). Lediglich die Nichtberücksichtigung berechtigter Wünsche macht eine Leistungsentscheidung ermessensfehlerhaft.
Rz. 13
Der Anspruch auf Bewilligung einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation setzt wegen der Beachtung der Ermessensgesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit voraus, dass der Rentenversicherungsträger zwingend eine solche stationäre Heilmaßnahme hätte bewilligen müssen und jede andere Entscheidung, insbesondere auch die Gewährung von ambulanten Maßnahmen, rechtswidrig gewesen wäre. Ein Anspruch auf stationäre Leistungen kommt daher nur in Betracht, wenn das Rehabilitationsziel nicht mit ambulanten Leistungen erreicht werden kann (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 15.10.2015, L 7 R 911/15).
Eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben entspricht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nur, wenn sie sich auf das zum Erreichen des Maßnahmeziels Notwendige beschränkt. Die Maßnahme darf allgemeinbildende Fächer nur in de...