2.1 Pflichtbeitragszeiten aufgrund gesetzlicher Wehr- oder Zivildienstpflicht im Beitrittsgebiet
Rz. 8
Nach den Regelungen des Einigungsvertrages (Anl. II Kap. VIII Sachgeb. H Abschnitt III Nr. 1 Buchst. b) ist § 3 Satz 1 Nr. 2, der für Zeitenab1.1.1992 die Rentenversicherungspflicht von Wehr- und Zivildienstpflichtigen regelt, im Beitrittsgebiet bereits ab 3.10.1990 anzuwenden. Zeiten des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes von mehr als 3 Tagen, die im Beitrittsgebiet bis zum 2.10.1990 zurückgelegt worden sind, werden gemäß § 248 Abs. 1 Pflichtbeitragszeiten nach Bundesrecht gleichgestellt, obwohl nach dem Recht der ehemaligen DDR für diesen Personenkreis tatsächlich keine Beitragszahlung zur Sozialpflichtversicherung erfolgte. Im Ergebnis handelt es sich hierbei um fiktive Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Satz 2. In der Bundesrepublik Deutschland – ohne das Beitrittsgebiet – waren nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht (§ 1227 Abs. 1 Nr. 6 und 7 RVO, § 2 Abs. 1 Nr. 8 und 9 AVG, § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 3 RKG) Personen, die gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst von mehr als 3 Tagen geleistet haben, für die Dauer dieser Dienstleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig; diese Regelungen zur Versicherungspflicht wurden mit Wirkung zum 1.1.1992 ins SGB VI übertragen (§ 3 Satz 1 Nr. 2). Durch die Anerkennung von fiktiven Pflichtbeitragszeiten gemäß § 248 Abs. 1 i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 sollen Nachteile für Versicherte, die ihren Wehr- oder Zivildienst in der ehemaligen DDR geleistet haben, gegenüber denjenigen, die einen vergleichbaren Dienst in den alten Bundesländern nachweisen, vermieden werden.
Rz. 9
Vor der Vereinigung Deutschlands am 3.10.1990 wurden Zeiten der gesetzlichen Wehrpflicht in der ehemaligen DDR nach dem 8.5.1945 gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 FRG als den Bundesgebiets-Beitragszeiten gleichgestellte Zeiten anerkannt, soweit ein Rentenanspruch nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden rentenrechtlichen Vorschriften bestanden hatte.
Rz. 10
Da das FRG nach den im Einigungsvertrag enthaltenen Regelungen auf Beitrittsgebiets-Beitragszeiten nicht mehr anzuwenden ist, bestimmt § 248 Abs. 1, dass die nach dem 8.5.1945 im Beitrittsgebiet aufgrund gesetzlicher Pflicht geleisteten Zeiten eines Wehr- oder Zivildienstes von mehr als 3 Tagen als Pflichtbeitragszeiten nach Bundesrecht gelten.
Für die Anerkennung einer Wehr- oder Zivildienstzeit als Pflichtbeitragszeit ist es demnach im Ergebnis unerheblich, ob die Dienstpflicht in den alten Bundesländern oder in den neuen Bundesländern erfüllt worden ist. § 248 Abs. 1 betrifft Wehr- und Zivildienstzeiten im Beitrittsgebiet, die in der Zeit bis zum 2.10.1990 geleistet worden sind; für Zeiten ab 3.10.1990 besteht auch für Wehr- und Zivildienstpflichtige im Beitrittsgebiet Versicherungspflicht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 mit der Folge, dass für die Anerkennung als Beitragszeiten ausschließlich § 55 Abs. 1 Satz 1 einschlägig ist, weil nunmehr tatsächlich Pflichtbeiträge nach Bundesrecht gezahlt werden.
Die allgemeine Wehrpflicht ist im Beitrittsgebiet mit Wirkungzum24.1.1962 eingeführt worden. Wehrpflichtig waren nach dem Wehrpflichtgesetz v. 24.1.1962 (GBl. I S. 2) bzw. dem Wehrdienstgesetz v.25.3.1982(GBl. I S. 221) Männer vom 18. bis zum 50. Lebensjahr. Die Heranziehung zum Grundwehrdienst war vom vollendeten 18. Lebensjahr bis zum Ablauf des Kalenderjahres möglich, in dem das 26. Lebensjahr vollendet wurde. Der Grundwehrdienst dauerte 18 Monate; anschließend erfolgte die Versetzung in die Reserve.
Von § 248 Abs. 1 werden neben Wehrdienstleistenden auch Personen erfasst, die in der ehemaligen DDR den Dienst mit der Waffe verweigerten und dafür bei der Nationalen Volksarmee (NVA) als so genannte Bausoldaten gemäß § 2 Abs. 3 des Wehrgesetzes v. 24.1.1962 (i. d. F. der Bekanntmachung v. 25.3.1962, GBl. I S. 268) eingesetzt worden sind.
Die Nationale Volksarmee wurde durch Gesetz v. 18.1.1956 (GBl. I S. 81) errichtet. Versicherte, die bereits vor dem Inkrafttreten des Wehrgesetzes v. 24.1.1962 den Dienst in der Nationalen Volksarmee aufgenommen hatten, waren nach der Versorgungsverordnung der NVA beitragspflichtig und gehörten somit nicht zu den Wehrpflichtigen, die von § 248 Abs. 1 erfasst werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Dienst bei der NVA über den 24.1.1962 hinaus geleistet worden ist.
Vor diesem Hintergrund können Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 248 Abs. 1 ausschließlich für Zeiten vom 24.1.1962 bis zum 2.10.1990 anerkannt werden.
Für Zeiten ab 1.3.1990 bestand im Beitrittsgebiet auch die Möglichkeit, anstelle des gesetzlichen Wehrdienstes einen Zivildienst, dessen Dauer auf 12 Monate begrenzt war, zu leisten (vgl.§ 1 derVO über den Zivildienst in der DDR v. 20.2.1990, GBl. I S. 79). Gemäß § 248 Abs. 1 sind diese Zeiten bis zum 2.10.1990 ebenfalls als fiktive Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Satz 2 anzuerkennen, da nach § 15 Abs. 1 und 2 der VO v. 20.2.1990 für Zivildienstleistende die für Grundwehrdienstleistende geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden waren.
Als Beweismittel für den Nachweis de...