Rz. 84
Zeiten des gesetzlichen Wehr- und Zivildienstes vor 1992 erhalten für jeden vollen Kalendermonat 0,0625 (pro Jahr 0,75) Entgeltpunkte. Für Teilzeiträume ist wie in den Fällen des Abs. 3a nur der anteilige Wert zu berücksichtigen.
Für Zeiten ab 1.1.1992 gilt § 70 Abs. 1 (vgl. auch GRA der DRV zu § 256a SGB VI, Stand: 9.4.2021, Anm. 9.1 sowie GRA der DRV zu § 70 SGB VI, Stand: 1.2.20219, Anm. 3.14).
Rz. 85
§ 256a Abs. 4 ist dabei lex specialis und verdrängt die Bewertung von in den alten Bundesländern zurückgelegter Wehr- oder Zivildienstes nach § 256 Abs. 3. Die Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten des Wehrdienstes mit 1,0 Entgeltpunkten gemäß § 256 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 kommt daher nicht in Betracht. Bei der Ableistung eines Wehrdienstes im Beitrittsgebiet richtet sich die Bewertung der Wehrdienstzeiten ausschließlich nach der insoweit spezialgesetzlichen Regelung des § 256a Abs. 4.
Rz. 86
Die unterschiedliche Bewertung der Wehrdienstzeiten beruht nach der Begründung des Gesetzgebers zu § 256a Abs. 4 darauf, dass im alten Bundesgebiet im Zeitraum von 1961 bis 1981 tatsächlich Beiträge für die zurückgelegten Wehrdienstzeiten entrichtet wurden, im Beitrittsgebiet jedoch nicht. Die von § 256 Abs. 3 Satz 1 abweichende Bewertung der Wehrdienstzeiten im Beitrittsgebiet in § 256a Abs. 4 ist verfassungsrechtlich daher nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG und/oder gegen Art. 14 Abs. 1 GG (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 20.1.2022, L 3 R 208/21). Verfassungsrechtliche Bedenken insbesondere wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG bestehen nicht. Ungleiches muss auch ungleich behandelt werden. Wehrpflichtige, die nach dem Recht der DDR ihrer Dienstpflicht nachkamen, waren dort nicht versicherungspflichtig (BSG, Urteil v. 1.2.2005, B 8 KN 5/03 R, Rz. 17). In Westdeutschland hingegen bestand Versicherungspflicht. Mit dem Rentenversicherungsneuregelungsgesetz zum 1.1.1957 wurde die Versicherungspflicht von Wehrdienstleistenden in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt. Bis zum 31.12.1991 bestand die Versicherungspflicht nach dem § 1227 RVO. Seit dem 1.1.1992, mit der Einführung des SGB VI, ist die Versicherungspflicht in § 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI geregelt. Wehrdienstzeiten sind Pflichtbeitragszeiten gemäß § 55 SGB VI. Auf diesen Grund der Ungleichbehandlung stellte auch der Gesetzgeber ab in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) zur Einführung des § 256b Abs. 4 (BT-Drs. 12/405 S. 127; vgl. insoweit auch die Überlegungen der DRV – GRA der DRV zu § 256a SGB VI, Stand: 9.4.2021, Anm. 9.1).