Rz. 3
Abs. 1 Satz 1 bestimmt für Zeiten bis zum 31.12.1949, unter welchen Voraussetzungen bei dem Fehlen von Versicherungsunterlagen die Glaubhaftmachung der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit und der Beitragszahlung dafür zur Anerkennung der Zeiten der Beschäftigung oder Tätigkeit als Beitragszeit führt.
Der Verlust der Versicherungsunterlagen beim Rentenversicherungsträger muss gemäß § 286a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. nachgewiesen sein, der Verlust von Versicherungskarten außerhalb von Rentenversicherungsträgern ist nach § 286a Abs. 1 Satz 1 2. Alt. hingegen nur glaubhaft zu machen. Der Verlust der Versicherungsunterlagen bzw. -karten muss nicht infolge von Kriegseinwirkungen eingetreten sein.
Rz. 4
Bei der 1. Alt. des § 286 Abs. 1 Satz 1 muss es sich um Versicherungsunterlagen handeln, die von einem Versicherungsträger aufzubewahren gewesen sind und in einem vernichteten oder nicht erreichbaren Teil des Karten- oder Kontenarchivs aufzubewahren gewesen wären. Bei diesen Versicherungsunterlagen handelte es sich um die Quittungskarten, die Versicherungskarten, die Einlegezettel hierzu und die Versichertenkonten sowie die Beitragskonten, wozu Stamm- und Katasterkarten gehörten und die Akten der Beitragskonten der früheren Sonderanstalt für Invalidenversicherung (Störmann, in: Lilge, SGB VI, Handkommentar, Stand: Dez. 1995, § 286a Anm. 4). Diese Versicherungsunterlagen müssen fehlen und vom Rentenversicherungsträger in einem Karten- oder Kontenarchiv aufzubewahren gewesen sein, wobei die Größe des Karten- bzw. Kontenarchivs unbedeutend ist. Erforderlich ist nur, dass es sich um einen räumlich abgegrenzten, der Aufbewahrung bestimmter Unterlagen, nämlich der Versicherungskarten oder -konten dienenden Bereich handelte (BSG, Urteil v. 28.8.1969, 11 RA 188/67, BSGE 30 S. 76).
Der Teil des Karten- oder Kontenarchivs, in dem die fehlenden Versicherungsunterlagen aufzubewahren gewesen wären, muss entweder vernichtet oder nicht erreichbar sein. Nicht ausreichend ist, dass nur einzelne Versicherungsunterlagen fehlen; erforderlich ist vielmehr, dass das Archiv oder Teile hiervon vernichtet worden sind (BSG, Urteil v. 28.8.1969, 11 RA 188/67, BSGE 30 S. 76). Ganz oder teilweise vernichtet sind die Versicherungsunterlagen der (früheren) Landesversicherungsanstalten Braunschweig, Hannover, Rheinprovinz, Saarland, Schleswig-Holstein, Unterfranken und Westfalen sowie Brandenburg, Danzig, Danzig-Westpreußen, Memelland, Ostpreußen, Pommern, Posen-Westpreußen, Sachsen-Anhalt, Schlesien und Wartheland; teilweise vernichtet sind ebenso die Karten- und Kontenarchive der (ehemaligen) BfA (heute: DRV Bund) aus den Buchstaben F, G, K, L und P (Pietsch, AmtlMittLVA Rheinprovinz, Sonderheft November 1989; Störmann, in: Lilge, SGB VI, Handkommentar, Stand Dez. 1995, § 286a Anm. 4.2). Das Karten- oder Kontenarchiv bzw. ein Teil davon ist nicht erreichbar, wenn es nicht jederzeit unmittelbar und unter den Garantien der Rechts- und Amtshilfepflicht wie auch des Prozessrechts überprüfbar ist (BSG, Urteil v. 12.11.1969, 4 RJ 249/68, SozR Nr. 5 zu § 1 VuVO). Nicht erreichbar können Archive in den ehemaligen deutschen Ostgebieten sein. Nach der Wiedervereinigung sind die Karten- und Kontenarchive im Beitrittsgebiet nicht mehr unerreichbar. Soweit durch Anfragen an ausländische Versicherungsträger oder Archive Versicherungsunterlagen zu erlangen sind, ist § 286a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. erst dann anzuwenden, wenn die Anforderung der Versicherungsunterlagen ohne Erfolg geblieben ist.
Fehlen Versicherungsunterlagen aus anderen als den in § 286a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. genannten Gründen, ist die Vorschrift nicht einschlägig, selbst wenn der Verlust auf ein Fehlverhalten des Rentenversicherungsträgers zurückzuführen wäre (BSG, SozR 5745 § 1 Nr. 2).
Rz. 5
Im Gegensatz zur 1. Alt. erlaubt § 286a Abs. 1 Satz 1 2. Alt. in Bezug auf Versicherungskarten die Glaubhaftmachung, dass die Versicherungskarten beim Arbeitgeber, Versicherten oder nach den Umständen des Falls auf dem Weg zum Träger der Rentenversicherung verloren gegangen, unbrauchbar geworden oder zerstört worden sind. Diese Bestimmung gilt auch, wenn glaubhaft gemacht ist, dass beim Versicherten mehrere unaufgerechnete Versicherungskarten zerstört, verloren gegangen oder unbrauchbar geworden sind (BSG, Urteil v. 24.11.1965, 1/1 RA 299/63, SozR Nr. 3 zu § 1 VuVO). Es genügt nicht die Möglichkeit eines Verlustes bei einer anderen Stelle als den genannten Verlustorten (BSG, Urteil v. 15.10.1985, 11a RA 38/84, BR/Meuer, VuVO § 1, 15-10-85). Ein fehlendes Verschulden des Versicherten ist nicht erforderlich. Glaubhaft gemacht ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X eine Tatsache dann, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel (vgl. § 21 SGB X) erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Eine Versicherung an Eides statt darf der Rentenversicherungsträger gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB X verlangen und abnehmen, da eine solche ...