Rz. 14
Berücksichtigungsfähig sind Kinder des versicherten Ehegatten wie auch die der Witwe bzw. des Witwers. Unerheblich ist, ob es sich um ein eheliches oder ein nichteheliches Kind handelt. Auch ein adoptiertes Kind – gleich ob vom Versicherten oder der Witwe bzw. dem Witwer als Kind angenommen – erfüllt die Voraussetzungen. Der Sinn und Zweck der Begründung eines Anspruchs auf eine große Witwen- bzw. Witwerrente wegen der Erziehung eines Kindes ist darin zu sehen, dass dem überlebenden Ehegatten keine ungerechtfertigten Nachteile dadurch entstehen sollen, dass er wegen der Kindererziehung einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann (BSGE 27 S. 139; BSGE 32 S. 117).
Rz. 15
Erziehung ist gemäß § 1631 Abs. 1 BGB Inhalt des Personensorgerechts der Eltern. Ihm ist die Gesamtheit des tatsächlichen Verhaltens zugeordnet, das nach dem Verständnis und den Vorstellungen der Handelnden dazu bestimmt und darauf gerichtet ist, die körperliche, geistige, seelische, sittliche und charakterliche Entwicklung des Kindes zu beeinflussen (BSG, SozR 3-2200 § 1227a Nr. 7 m. w. N.). Eine Bewertung der Erziehungsmaßnahmen nach ihrer Eignung oder ihrem Erfolg findet nicht statt (BSG, 5 RJ 4/77, SozR 2200 § 1265 Nr. 32). Das Tatbestandsmerkmal der Erziehung ist immer erfüllt, wenn das Kind im Haushalt der Witwe bzw. des Witwers lebt, denn jede länger dauernde Beschäftigung mit Kindern hat zugleich deren Erziehung zum Gegenstand. Demgemäß erfüllt auch die bloße Sicherstellung der Primärbedürfnisse von Kleinkindern, wie Essen, Schlafen, Spielen das Tatbestandsmerkmal der Kindererziehung (BSG, Urteil v. 25.5.2011, B 12 R 13/09 R; vgl. auch BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 RA 12/04 R). Dieses ist aber andererseits nicht bereits dadurch ausgeschlossen, wenn das Kind auswärtig untergebracht ist, z. B. in einem Internat. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass eine Einflussnahme auf die Erziehung, sei es auch nur mittelbar durch die das Kind betreuenden Personen möglich ist (vgl. BSG, 5 RJ 4/77, SozR 2200 § 1265 Nr. 32). Der Tatbestand der Erziehung ist allerdings nicht mehr erfüllt, wenn sich das Kind aufgrund einer Anordnung des Vormundschaftsgerichts nach § 1666a BGB in Vollzeitpflege i. S. d. § 33 SGB VIII oder Heimerziehung i. S. d. § 34 SGB VIII befindet (BSGE 32 S. 117). Auch bei Ableistung einer Freiheitsstrafe der Witwe bzw. des Witwers bzw. bei ständigem oder regelmäßigem Auslandsaufenthalt des Erziehenden und Aufenthalt des Kindes im Geltungsbereich des SGB VI (bzw. umgekehrt) dürften die Witwe bzw. der Witwer faktisch außerstande sein, den Erziehungstatbestand zu erfüllen (so für den Auslandsaufenthalt GK-SGB VI § 46 Rz. 46; für den Fall der Freiheitsstrafe Kamprad, in: Hauck/Haines, SGB VI, Stand 5/02, § 46 Rz. 22). Jedenfalls ist in diesen Fällen stets konkret zu prüfen, welche Erziehungsmaßnahmen i. S. eines kontinuierlichen Beitrags zur Entwicklung des Kindes ergriffen worden sind, damit der Tatbestand der Kindeserziehung erfüllt ist (BSG, Urteil v. 21.2.1980, 5 RJ 58/78).
Mit der Vollendung des 18. Lebensjahres endet die Erziehung eines Kindes, unabhängig davon, ob das Kind weiterhin der finanziellen Unterstützung und/oder der elterlichen Sorge bedarf (BVerfG, SozR 2200 § 1268 Nr. 17; BSG, 4 RJ 83/82, SozR 2200 § 1268 Nr. 22). Da der Wortlaut des § 46 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 eindeutig auf die Vollendung des 18. Lebensjahres und nicht auf die nach deutschem Recht damit zusammenfallende Volljährigkeit abstellt, ist es für den Rentenanspruch ohne Bedeutung, wenn ein ausländisches Kind nach dem Recht seines Heimatlandes erst nach dem 18. Lebensjahr volljährig wird. Nur unter den Voraussetzungen des Satzes 3 sind Kinder über das 18. Lebensjahr hinaus berücksichtigungsfähig.