Rz. 16
Neben Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, können auch Krankheitszeiten, die vor Eintritt in das Erwerbsleben von Versicherten zurückgelegt worden sind, als Anrechnungszeiten anerkannt werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a vorliegen.
Der Anrechnungszeitentatbestand gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a wurde durch das AVmEG v. 21.3.2001 (BGBl. I S. 403) mit Wirkung zum 1.1.2002 in das SGB VI eingefügt. Die Regelung gilt sowohl für Krankheitszeiten vor dem 1.1.2002 (§ 300 Abs. 1) als auch für Krankheitszeiten, die zeitlich nach dem 31.12.2001 zurückgelegt worden sind und soll nach dem Willen des Gesetzgebers versicherungsrechtliche Lücken schließen (BT-Drs. 14/4595 S. 46), die sich mindernd auf den Gesamtleistungswert für beitragsfreie Zeiten (§ 71 Abs. 1) auswirken.
Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a sind Krankheitszeiten als Anrechnungszeiten anzuerkennen, wenn
- eine Krankheit nachweislich nach Vollendung des 17. Lebensjahres aber vor Vollendung des 25. Lebensjahres eines Versicherten vorgelegen hat,
- die Krankheit mindestens einen Kalendermonat angedauert hat und
- der als Anrechnungszeit nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a in Betracht kommende Zeitraum nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt ist.
Die Regelung soll dazu beitragen, rentenrechtliche Lücken zu Beginn einer Versicherungsbiographie zu schließen (BT-Drs. 14/4595 S. 43, 46, 47). Dabei wird nach der Gesetzesbegründung vermutet, dass es Versicherten wegen der Krankheitszeiten nicht möglich war, eine Beschäftigung/Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen oder andere rentenrechtliche Zeiten (z. B. Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung) zu erwerben.
Rz. 17
Krankheit im Sinne der Vorschrift liegt vor, wenn ein Versicherter aus gesundheitlichen Gründen nicht im Stande ist, eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Anders als in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 wird bei diesem Anrechnungszeitentatbestand nicht auf eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgestellt, weil eine solche vor Eintritt in das Erwerbsleben eines Versicherten grundsätzlich nicht möglich ist. Andererseits kann nicht jede Krankheit (jede Störung des körperlichen oder geistigen Zustandes) eine Anrechnungszeit i. S. d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a begründen, sodass Bagatellerkrankungen sowie angeborene Behinderungen, die nicht behoben werden können oder bei denen eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes nicht zu erwarten ist, von diesem Anrechnungszeitentatbestand nicht erfasst werden.
Rz. 18
Darüber hinaus kommen ausschließlich Krankheitszeiten nach Vollendung des 17. Lebensjahres und vor Vollendung des 25. Lebensjahres eines Versicherten als Anrechnungszeiten nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a in Betracht. Voraussetzung ist des Weiteren, dass die Krankheit mindestens einen Kalendermonat angedauert hat und die zu beurteilenden Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten (z. B. Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gemäß § 57) belegt sind.
Anrechnungszeiten wegen einer Krankheit (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) sind somit beim Zusammentreffen mit anderen rentenrechtlichen Zeiten grundsätzlich nachrangig zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob sie bei der Rentenberechnung höher zu bewerten sind als die rentenrechtlichen Zeiten, durch die sie verdrängt werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn Krankheitszeiten i. S. v. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a mit Zeiten der Ausbildungssuche nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a zusammentreffen, die ebenfalls im Vergleich zu anderen rentenrechtlichen Zeiten nachrangig zu berücksichtigen sind. Da Zeiten der Ausbildungssuche bei der Ermittlung der Summe der Entgeltpunkte für die Berechnung einer Monatsrente (§ 64) als Anrechnungszeiten ohne Bewertung gemäß § 74 Satz 4 Nr. 3 generell keine Entgeltpunkte zugeordnet werden, sind in diesen Fällen Krankheitszeiten i. S. v. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a nach dem Günstigkeitsprinzip vorrangig als Anrechnungszeiten anzuerkennen (AG Fachausschuss Versicherung und Rente 1/2004, Auslegungsfrage 84 zu § 58 SGB VI).
Rz. 19
Die Mindestdauer von einem Kalendermonat liegt grundsätzlich vor, wenn die als Anrechnungszeit in Betracht kommende Krankheit vom ersten bis zum letzten Tag eines Kalendermonats angedauert hat. Hierbei sind arbeitsfreie Tage zu Beginn oder am Ende eines Kalendermonats (sog. Randtage wie z. B. Sonntage, Feiertage) mit einzubeziehen, wenn die Krankheit an diesen Tagen ebenfalls vorgelegen hatte. Für Versicherte, die nach dem Ersten eines Monats geboren sind und demzufolge ihr 17. bzw. 25. Lebensjahr im Laufe eines Kalendermonats vollenden, ist eine vor bzw. nach Vollendung des jeweiligen Lebensalters zurückgelegte Krankheitszeit bei der erforderlichen Mindestdauer von einem Kalendermonat ebenfalls mit zu berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 14/4595 S. 46).
Bei der Rentenberechnung werden Anrechnungszeite...