Rz. 38
Das BVerfG hat bereits früh geklärt, dass die Beschränkungen des § 74 Satz 1 und 2 (damals noch i. d. F. des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes) bei Zeiten der beruflichen Ausbildung verfassungsgemäß und mit dem Grundgesetz vereinbar sind; dadurch wird weder die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG noch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00 Rz. 49). Nach dem BVerfG liegt auch keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die Neuregelung der Berücksichtigung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung gemäß §§ 74 Satz 4 i. V. m. § 263 Abs. i. d. F. v. 21.7.2004 vor (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 18.5.2016, 1 BvR 2217/11; instruktiv auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 4.2.2015, L 22 R 185/13, Rz. 50, das auf die immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen des sich verändernden demografischen Aufbaus der Bevölkerung und auf eine schwierige finanzielle Situation der gesetzlichen Rentenversicherung hingewiesen hat und infolgedessen die Neuregelung des § 74 Satz 4 zur Sicherung der Funktion der gesetzlichen Rentenversicherung für verhältnismäßig angesehen hat, insbesondere um die Beiträge langfristig bezahlbar und die Renten so sicherzumachen).
Rz. 39
Die Begrenzung des Gesamtleistungswerts ist auch nach der Rechtsprechung des BSG verfassungsgemäß (BSG, Urteil v. 5.7.2005, B 4 RA 40/03 R, Rz. 18; hier für die Übergangsregelung des § 263 Abs. 2a). Die Begrenzungen der §§ 74, 263 verfolgen einen verfassungsgemäßen Zweck, nämlich die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung in den Grenzen des Systemversprechens im Interesse aller Versicherten und Rentner zu erhalten, zu verbessern und geänderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Die Änderungen des WFG waren u. a. auf eine Verbesserung der finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung innerhalb des Systemversprechens gerichtet, die sich u. a. durch Leistungen der Rentenversicherungsträger in die neuen Bundesländer gegenüber der Situation bei Verabschiedung des RRG 1992 im Jahre 1989 verschlechtert hatte (vgl. auch BSG Urteil v. 30.3.2004, B 4 RA 36/02 R, Rz. 20 ff. m. w. N.). Es sollten demnach u. a. systemwidrige Begünstigungen, wie die Bewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug – nunmehr geregelt in § 263 (Abs. 2a und 3) –, abgeschafft werden; auch die mit § 74 Satz 3 Nr. 1 i. d. F. des WFG getroffene Entscheidung, die Rangstellenbewertung von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug abzuschaffen, verfolgt einen verfassungsgemäßen Zweck, nämlich systemfremde Elemente auszuscheiden, die zur Erhaltung des Systems nicht notwendig sind (BSG, Urteil v. 5.7.2005, B 4 RA 40/03 R, Rz. 23). Auch die Nichtbewertung von Zeiten der Hochschulausbildung verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 und auch nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG oder das Sozialstaatsprinzip (vgl. BSG, Urteil v. 19.4.2011, B 13 R 27/10 R; dem folgend Hess. LSG, Urteil v. 25.10.2019, L 5 R 332/17, Rz. 55).
Rz. 40
Auch die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch § 74 Satz 4 i. V. m. § 263 Abs. 3 ist mit dem GG vereinbar. Die Regelungen verstoßen weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (BSG, Urteile v. 19.4.2011, B 13 R 55/10 R, und B 13 R 8/11 R; dem folgend auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.2.2022, L 17 R 722/18).