Rz. 69
Damit bleibt z. B. ein Höchstabschlag von 10,8 % für eine bezogene Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 erhalten, wenn der Versicherte anschließend (nahtlos) mit Erreichen der Regelaltersgrenze eine Regelaltersrente bezieht, die vom Grundsatz her ohne Abschlag zu zahlen gewesen wäre. Der Rentenabschlag aus Erwerbsminderungsrente wird in diesem Falle auf die Regelaltersrente übertragen (vgl. zu dieser Fallgestaltung GRA der DRV zu § 77 SGB VI, Stand: 6.12.2022, Anm. 5.3).
Rz. 70
Selbst wenn also die der Rente wegen Erwerbsminderung nahtlos in Anspruch genommene Altersrente erst nach Vollendung der (allgemeinen oder der für die jeweilige Rente individuellen) Regelaltersgrenze – also nicht vorzeitig – in Anspruch genommen wird, bleibt der bei der Rente wegen Erwerbsminderung vorgenommene Abschlag durch den entsprechenden Zugangsfaktor (ggf. auch in der Maximalhöhe von 10,8 %) nach § 77 Abs. 3 Satz 1 auch bei der Folgerente erhalten. Das beruht darauf, dass es sich bei einer solchen Altersrente gerade um eine Folgerente und nicht um eine Erstrente handelt. Bei einem sich an die Rente wegen Erwerbsminderung nahtlos anschließenden Bezug der Altersrente liegt auch keine Rückausnahme nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 vor. Die Rückausnahmen nach § 77 Abs. 3 Satz 3 regeln die Rückvergütung von im vorangehenden Rentenbezugszeitraum gekürzten, aber nicht verbrauchten Entgeltpunkte. Dementsprechend regeln §§ 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2, 264d (nur) für solche Fälle eine Rückausnahme, in denen die Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht (vollständig) in den gleichen (3-Jahres-)Zeitraum fällt, für den auch eine vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente möglich ist. Wird die Rente wegen voller Erwerbsminderung vielmehr über den gesamten 3-Jahres-Zeitraum nahtlos bis zum Beginn seiner Altersrente bezogen, also über den gesamten Zeitraum, für den auch die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente für möglich gewesen wäre, scheidet die Rückausnahme aus. Das "Ausweichen" auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung kann nach dem Willen des Gesetzgebers und der verwirklichten Gesetzeskonzeption gerade nicht dazu führen, dass dem Versicherten volle Altersrente gewährt wird. Die Rückausnahme nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 und damit die Rechtsfolge Zugangsfaktor wieder 1,0 liegt daher nur dann vor, wenn der Versicherte im gesamten Zeitraum weder die Rente wegen voller Erwerbsminderung noch die (vorgezogene) Altersrente in Anspruch genommen hat (vgl. instruktiv LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 27.1.2015, L 18 R 1087/12, Rz. 18).