Rz. 37

Die Übermittlungsbefugnisse und -verpflichtungen nach Abs. 2 beziehen sich auf Daten eines Ausländers.

Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher i. S. d. Art. 116 Abs. 1 GG ist. § 71 gibt somit keine Übermittlungsbefugnis für Daten deutscher Familienangehöriger eines Ausländers. Nicht anwendbar sind die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes (Art. 1 Zuwanderungsgesetz v. 30.7.2004, BGBl. I S. 1950) auf Ausländer im diplomatischen oder konsularischen Dienst und bezüglich des Aufenthaltsrechts für Bürger der Europäischen Union (§ 1 Abs. 2 AufenthG).

 

Rz. 38

§ 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 betrifft die Ausführung des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) in Bezug auf den Aufenthalt des Ausländers oder eines Familienangehörigen des Ausländers, auf seine Erwerbstätigkeit, Arbeitserlaubnis, Berufsausübungsberechtigung und einen Versicherungsschutz und Leistungsbezug; Nr. 4 lässt Übermittlungen an das Ausländerzentralregister zu.

Satz 1 unterscheidet, ob ein Ersuchen der Ausländerbehörde vorliegen muss – so für die Fallgruppen nach Satz 1 Nr. 1 (Rz. 40) – oder ob die übermittelnde Stelle nach § 35 SGB I im Rahmen von Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 ohne Ersuchen von Amts wegen, d. h. von sich aus aktiv zu werden hat (Rz. 41 ff.).

 

Rz. 39

Daten über die Gesundheit eines Ausländers dürfen unter bestimmten in Satz 2 genannten Voraussetzungen übermittelt werden (Rz. 45). Es handelt sich um eine bereichsspezifische Regelung zur Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Buchst. b, Satz 2 DSGVO. Die durch § 71 Abs. 2 Satz. 2 erlaubte Übermittlung von Gesundheitsdaten ist als "Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten ... gemäß Artikel 9 Absatz 2 Buchstaben b, g, i und j der Verordnung (EU) 2016/679 erfasst" (BT-Drs. 18/12611).

2.5.1 Übermittlungen auf Ersuchen der Ausländerbehörde (Satz 1 Nr. 1)

 

Rz. 40

Nach Nr. 1 Buchst. a bis d dürfen auf Ersuchen über die – parallel zulässigen – Angaben nach § 68 hinaus

  • zur Entscheidung über den Aufenthalt des Ausländers oder eines Angehörigen des Ausländers (zum Angehörigenbegriff wird auf § 16 SGB I verwiesen, da das Aufenthaltsgesetz selbst keine Definition bietet) Daten über Leistungsgewährung und/oder Versicherungen (Buchst. a),
  • zur Entscheidung über den Aufenthalt oder die ausländerrechtliche Zulassung oder Beschränkung einer Erwerbstätigkeit des Ausländers Daten über die Arbeitserlaubnis (z. B. Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Beschäftigung für einen Ausländer nach § 18 Abs. 2 AufenthG), Arbeitsberechtigung ( z. B. Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Beschäftigung für einen Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG) oder eine sonstige Berufsausübungserlaubnis, nach § 17 Abs. 1 AufenthG sowie Daten über eine Aufenthaltserlaubnis für geduldete Ausländer nach § 18a AufenthG, über eine Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte nach § 19 AufenthG und seit 1.8.2012 Daten über die Blaue Karte, die Ausländer zum Zweck einer der Qualifikation des Ausländers angemessenen Beschäftigung nach § 19a Abs. 1 AufenthG erteilt werden kann (Buchst. b),
  • zur Entscheidung über den Aufenthalt Angaben nach § 54 Abs. 2 Nr. 4 darüber, ob der Ausländer Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht hat und sich einer erforderlichen Behandlung entzieht (Buchst. c),
  • zur Entscheidung über den weiteren Aufenthalt oder die Beendigung des Aufenthalts eines Ausländers, bei dem bestimmte Ausweisungsgründe nach §§ 53 bis 56 AufenthG vorliegen (z. B. Verurteilung wegen bestimmter Straftaten), durch die Jugendämter Angaben über das künftig zu erwartende soziale Verhalten des jugendlichen Ausländers (Buchst. d).

2.5.2 Übermittlungen ohne Ersuchen der Ausländerbehörde (Satz 1 Nr. 2 bis 4)

 

Rz. 41

Ohne Ersuchen sind die Mitteilungspflichten nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 zu erfüllen. Die Stellen nach § 35 SGB I sind hier also verpflichtet, bestimmte Sozialdaten von sich aus der Ausländerbehörde zu übermitteln.

 

Rz. 42

Nach Nr. 2 i. V. m. § 87 Abs. 2 des AufenthG haben alle öffentlichen Stellen, somit auch die Stellen nach § 35 SGB I, die Pflicht, von sich aus den Ausländerbehörden Mitteilung zu geben, wenn sie Kenntnis erhalten von

 

Rz. 43

Nr. 3 lässt seit 1.1.2005 unter Hinweis auf die Erfüllung der in § 99 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. df und (seit 11.8.2010) in Buchst. j AufenthG geregelten Mitteilungspflichten eine Übermittlung zu, wenn diese Mitteilung die Erteilung, den Widerruf oder Beschränkungen der Zustimmung der Arbeitserlaubnis oder -berechtigung, einer sonstigen Berufsausübungserlaubnis oder eines Versicherungsschutzes oder die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II betrifft.

§ 99 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. d, f und j AufenthG regelt die Ermächtigung des Bundesministe...

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