0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 76 ist mit der Einfügung des SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) in das Sozialgesetzbuch zum 1.1.1981 in Kraft getreten. Er wurde durch das Zweite SGB-ÄndG zum 1.7.1994 novelliert. Es wurde in Abs. 2 Nr. 1 ein letzter Halbsatz angefügt, der klarstellt, dass der Betroffene nur in allgemeiner Form auf sein Widerspruchsrecht hinzuweisen ist.
Im Zusammenhang mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) wurde die Vorschrift neu bekannt gemacht.
§ 76 wurde durch das Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze v. 18.5.2001 (BGBl. I S. 904), mit dem u. a. die Vorschriften des SGB X an die EU-Datenschutzrichtlinie angepasst wurden (Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG L 281 v. 23.11.1995 S. 31), nur redaktionell dahin gehend geändert, dass der Begriff der "speichernden Stelle" durch "verantwortliche Stelle" ersetzt wurde (vgl. Rz. 19 zu § 67).
Mit dem Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz – 2. BtÄndG v. 21.4.2005 (BGBl. I S. 1073) ist zum 1.7.2005 Abs. 2 Nr. 3 eingefügt worden.
Mit Wirkung zum 5.4.2017 wurde durch Art. 166 des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes v. 29.3.2017 (BGBl. I S. 626) Abs. 2 Nr. 1 um die Worte "oder elektronisch" ergänzt.
Rz. 2
Durch Art. 10 des Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen v. 30.10.2017 (BGBl. I S. 3618) wurde zum 9.11.2017 in Abs. 1 der bisherige Verweis auf § 203 Abs. 1 und 3 StGB geändert in § 203 Abs. 1 und 4 StGB. Es handelt sich um eine Folgeänderung zu den durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vorgenommenen Änderungen in § 203 StGB, wonach der Inhalt des bisherigen § 203 Abs. 3 StGB in § 203 Abs. 4 StGB überführt wurde.
Rz. 3
Bereits am 17.7.2017 wurde § 76 durch Art. 24 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (BGBl. I S. 2541) an die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG – Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), ABl. L 119/1, redaktionell angepasst, insbesondere an die Begriffsbestimmungen des Art. 4 DSGVO. In Kraft traten diese Regelungen erst am 25.5.2018. Die zwischenzeitlich vorgenommenen Änderungen zum 9.11.2017 (Rz. 2) konnten daher nicht berücksichtigt werden, sodass seit 25.5.2018 in 76 Abs. 1 wieder der frühere – nicht mehr zutreffende – Verweis auf § 203 Abs. 1 und 3 StGB enthalten ist (Rz. 2 und 10).
Durch Art. 1a des Gesetzes zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen v. 10.7.2018 (BGBl. I S. 1117) wurde zum 14.7.2018 der Verweis wieder auf § 203 Abs. 1 und 4 StGB geändert.
Mit Wirkung zum 1.1.2020 wurde durch Art. 9 des MDK-Reformgesetzes v. 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789) Abs. 3 geändert und modifiziert. Die Änderung war eine Folgeänderung zur Neufassung der §§ 275 Abs. 3b, 275c, 275d und 279 SGB V und nahm die Übermittlungsbefugnisse und -pflichten nach § 275 Abs. 3b, § 275c Abs. 1 und § 275d Abs. 1 SGB V in die Ausnahmevorschrift des § 76 Abs. 3 auf (BR-Drs. 359/19 S. 107).
Durch Art. 8 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020 (BGBl. I S. 1248) wurde zum 1.7.2020 in Abs. 2 die Nr. 1a neu eingefügt (keine Geltung im Rahmen der Geltendmachung und Durchsetzung sowie Abwehr eines Erstattungs- oder Ersatzanspruchs).
1 Allgemeines
Rz. 4
§ 76 regelt die Übermittlung besonders sensibler und vom Gesetzgeber als besonders schützenswürdig eingestufter Sozialdaten, die einer in § 35 SGB I genannten Stelle von einem Arzt oder einer Ärztin oder einer anderen in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Person zugänglich gemacht worden sind.
§ 76 Abs. 1 benennt keine Daten, sondern stellt darauf ab, von wem der Sozialleistungsträger sie erhalten hat. Der Kreis der in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Personen wurde zum 9.11.2017 in Abs. 3 und 4 erweitert um "sonstige mitwirkende Personen". Dies ist auch für die Stellen nach § 35 SGB I von großer Bedeutung, vgl. Rz. 12 bis 15.
Rz. 5
Im Wesentlichen handelt es sich um Gesundheitsdaten (medizinische Daten), selten, aber nicht ausgeschlossen auch um genetische oder biometrische Daten, die den Stellen nach § 35 SGB I von einer in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Person zugänglich gemacht werden. Seit 25.5.2018 enthält Art. 4 Nr. 13 bis 15 DSGVO die entsprechenden Begriffsbestimmungen.
Gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO gehören diese Daten zu den besonderen Kategorien personenbe...