2.1 Adressaten der Vorschrift
Rz. 5
Adressaten des § 86 sind die Leistungsträger, ihre Verbände und die im SGB X genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen.
2.1.1 Leistungsträger
Rz. 6
Verpflichtet werden von § 86 vor allem Leistungsträger nach § 12 SGB I. Nach der sich aus § 12 SGB I ergebenden Legaldefinition sind Leistungsträger die in den §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten kann auf die Kommentierung zu § 12 SGB I verwiesen werden.
2.1.2 Verbände der Leistungsträger
Rz. 7
Das Gesetz enthält keine Legaldefinition des Begriffs "Verbände der Leistungsträger". Allerdings ist davon auszugehen, dass alle im Gesetz genannten Verbände auch durch § 86 verpflichtet werden. Dementsprechend müssen nicht nur öffentlich-rechtlich organisierte Verbände, sondern auch privatrechtlich organisierte, sofern diese eine eigene Rechtspersönlichkeit haben und durch Gesetz verpflichtet werden können (z. B. der Verband der Angestellten-Krankenkassen, der aus historischen Gründen privatrechtlich als eingetragener Verein organisiert ist), Adressaten der Norm sein. Eine andere Betrachtungsweise würde den Verbänden die Möglichkeit eröffnen, aufgrund der einmal getroffenen Wahl der Rechtsform im Hinblick auf die Befolgung des § 86 bevorteilt oder benachteiligt zu sein. Eine entsprechende Gesetzesauslegung erscheint daher nicht zulässig. Hierauf weist auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 7/868 S. 25) hin.
2.1.3 Im SGB X genannte öffentlich-rechtliche Vereinigungen
Rz. 8
Das Gesetz bezeichnet als Adressaten des § 86 auch die im SGB X genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen. Hierunter versteht man alle Institutionen, die das Gesetz entsprechend bezeichnet und die auf öffentlich-rechtlichen Normen beruhen, z. B. die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. In diesem Zusammenhang sind nur öffentlich-rechtliche Vereinigungen verpflichtet, die zur Durchführung im Sozialgesetzbuch geregelter Aufgaben gebildet wurden.
§ 86 bezieht sich ausdrücklich nicht auf die Zusammenarbeit von Leistungsträgern mit Dritten. Diese Materie ist vorwiegend in den §§ 97 bis 101a geregelt.
2.1.4 Arbeitsgemeinschaften
Rz. 9
Fraglich ist, ob Arbeitsgemeinschaften i. S. d. § 94 verpflichtet sind. Nach § 94 Abs. 1 können bestimmte Arbeitsgemeinschaften Verwaltungsakte zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erlassen. Entsprechende Arbeitsgemeinschaften, unter deren Dach sich Leistungsträger zusammengeschlossen haben, bzw. die von Leistungsträgern entsprechend mit der Leistungsgewährung beauftragt wurden, müssen demnach Adressat des § 86 sein. Allein durch Teilnahme an oder Übertragung von Aufgaben an eine Arbeitsgemeinschaft darf sich ein Leistungsträger nicht seinen Pflichten aus § 86 entziehen können. Auch darf der Leistungsempfänger, in dessen Interesse die Zusammenarbeit der Leistungsträger liegt, nicht dadurch benachteiligt werden, dass er seine Leistung von einer Arbeitsgemeinschaft erhält (z. B. ein Krebskranker, der Übergangsgeld des Rentenversicherungsträgers durch die Arbeitsgemeinschaft zur Krebsbekämpfung – ARGE-Krebs – bezieht) und nicht von dem zweifelsfrei zur Zusammenarbeit verpflichteten Leistungsträger.
Nach dem Gesetzestext sind die nicht öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitsgemeinschaften nicht durch § 86 verpflichtet. Eine teleologische Auslegung des Gesetzes i. S. der Anwendbarkeit der Vorschrift ist aber im Einzelfall zulässig(so auch Steinbach, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: 8/2013, § 86 Rz. 5a; a. A. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.1.2012, L 4 R 1296/11).
2.1.5 Versicherte
Rz. 10
Versicherte sind nicht nach § 86 zur Zusammenarbeit mit den Leistungsträgern verpflichtet. Für sie gelten die Vorschriften über die Mitwirkung am Sozialleistungsverfahren (§§ 60 ff. SGB I).
2.2 Zusammenarbeit zur Aufgabenerfüllung
2.2.1 Gesetzliche Nebenpflicht
Rz. 11
Die Pflicht zur Zusammenarbeit besteht im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Leistungsträger und umfasst alle Bereiche, in denen Aufgaben vom jeweiligen Leistungsträger ausgeübt werden. Der Begriff der Aufgabenerfüllung begrenzt sich nach der Vorschrift aber auf das Kerngeschäft. So können die nicht an den ärztlichen Zulassungsverfahren beteiligten Krankenkassen aus dieser Vorschrift keine Rechte im Sinne der Vorschrift gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen herleiten, auch wenn sie als Kostenträger durchaus von Entscheidungen in Zulassungsfragen betroffen sind (BSG, Urteil v. 13.12.2000, B 6 KA 26/00).
Rz. 12
Das Zusammenarbeitsgebot besteht anlässlich der Aufgabenerfüllung. Letztendlich handelt es sich hierbei um eine gesetzliche Nebenpflicht, die sich neben den unmittelbar aus der Aufgabenstellung herrührenden Pflichten ergibt. Wo nach dem Inhalt der zu erfüllenden Aufgaben eine Zusammenarbeit nicht möglich, erforderlich oder zweckmäßig ist, kann auch aus § 86 keine entsprechende Handlungspflicht hergeleitet werden. Die Grenzen der Zusammenarbeitspflicht sind durch pflichtgemäße Ermessensausübung durch die von § 86 verpflichteten Leistungsträger und den übrigen in der Vorschrift benannten Verbänden und öffentlich rechtlichen Vereinigungen zu ermitteln.
2.2.2 Enge Zusammenarbeit
Rz. 13
Nach dem Wortlaut des § 86 kann es sich nicht nur um eine gelegentliche, im Belieben des Leistu...