2.1 Veranlagung (Abs. 1)
Rz. 3
Abs. 1 Satz 1 regelt die Veranlagung der Unternehmen anhand der im Gefahrtarif gemäß § 157 gegliederten Tarifstellen (§ 157 Abs. 2) mittels deren darunter gefassten Gefahrklassen (§ 157 Abs. 3). Der Gefahrtarif ist im Sinne des Begriffs Tarif ein verbindliches Verzeichnis. Es handelt sich dabei um eine Tabelle der Risikogemeinschaften einer Berufsgenossenschaft. Diese anhand der Unfallgefährlichkeit eingestuften Risikogemeinschaften bilden die Tarifstellen. Um die Unfallgefährlichkeit für die Einstufung der Gefahrengemeinschaften in die passende Tarifstelle nach Abs. 2 Satz 1 vornehmen zu können, sind in dem Gefahrtarif zur Abstufung der Beiträge nach den unterschiedlichen Unfallgefahren die Gefahrklassen herzustellen. Die Gefahrklasse gibt somit den Grad der durchschnittlichen Unfall- und Berufskrankheitengefahr aller in einer bestimmten Tarifstelle zusammengefassten Unternehmen an. Die Gefahrklasse wird nach § 157 Abs. 3 berechnet aus dem Verhältnis der gezahlten Entschädigungsleistungen zu den in dieser Tarifstelle nachgewiesenen Arbeitsentgelten der Versicherten in einem bestimmten Zeitraum. Das Ergebnis der Berechnung wird als Belastungsziffer gekennzeichnet (BSG, Urteil v. 12.12.1985, 2 RU 40/85). Die Belastungsziffer stellt im Wesentlichen die Gefahrklasse dar. Damit soll eine den unterschiedlichen Unfallrisiken der einzelnen Unternehmenszweige entsprechende gerechte Beitragsabstufung erreicht werden. Die Höhe des Unfall- und Berufskrankheitenrisikos bestimmt die Höhe der Gefahrklasse und damit die Beitragshöhe (hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu § 157 verwiesen).
Eine Veranlagung ist jeweils zum Beginn der Beitragspflicht des Unternehmers oder als Neuveranlagung zum Gefahrtarif nach Ablauf der Tarifzeit vorzunehmen.
Rz. 4
Umfasst ein Unternehmen mehrere Unternehmensteile, die verschiedenen Tarifstellen angehören können (Haupt- und Nebenunternehmen), wird jeder Unternehmensteil getrennt veranlagt, soweit ein besonderer Mitarbeiterstamm für diesen Unternehmensteil vorhanden ist und die Lohnsummen getrennt erfasst werden. Gewerbefremde Beschäftigungen werden bei der Veranlagung des Unternehmens zum Gefahrtarif nicht berücksichtigt (vgl. BSGE 55 S. 20).
Rz. 5
Der Veranlagungsbescheid ist ein Verwaltungsakt nach § 31 SGB X. Er gilt nur für die Tarifzeit gem. § 157 Abs. 5 und endet mit ihrem Ablauf (vgl. § 39 SGB X). Die im Gefahrtarif enthaltene Gefahrklasse wird entsprechend erst durch den Veranlagungsbescheid für das Unternehmen wirksam (vgl. BSG, SozR 2200 § 734 RVO Nr. 4).
Rz. 6
Gegen den Veranlagungsbescheid kann der Unternehmer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben (vgl. §§ 77, 78 Abs. 2 SGG).
Rz. 7
Die zuvor skizzierten Grundsätze finden keine Anwendung für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten, da die Beiträge für in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten außerhalb der Umlage erhoben werden. Nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten sind diejenigen, die nicht auf Dauer angelegt sind und außerhalb eines gewerbsmäßigen Baubetriebs ausgeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 728 RVO Nr. 2). Beiträge für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten werden darum nicht nach Ablauf des Kalenderjahres erhoben, sondern zeitnah beim Erstellen des Bauwerkes, weil der unternehmende Bauherr nur für die Zeit der Bautätigkeit der Bau-Berufsgenossenschaft zugehörig ist. Entsprechend kann nach § 168 Abs. 4 der Beitrag festgestellt werden, sobald der Anspruch entstanden und der Höhe nach bekannt ist. (vgl. § 152 Abs. 2 und die dortigen Erläuterungen).
2.2 Einschätzung der betrieblichen Verhältnisse (Abs. 2)
Rz. 8
Entscheidend für die Veranlagung zu den Gefahrklassen sind die tatsächlichen Verhältnisse in dem jeweiligen Unternehmen.
Der Unternehmer hat auf Verlangen des Unfallversicherungsträgers über alle Tatsachen, die für die Erhebung der Beiträge notwendig sind, Auskunft zu geben (vgl. § 98 SGB X). Die Satzung bestimmt im Einzelnen, welche Angaben insoweit zu machen sind, um die Veranlagung zu ermöglichen.
Rz. 9
Soweit die nötigen Angaben vom Unternehmer nicht zu erlangen sind, gibt Abs. 2 dem Unfallversicherungsträger die Möglichkeit, die Einschätzung der betrieblichen Verhältnisse selbst vorzunehmen. Dabei greift der Unfallversicherungsträger auf die ihm bekannten fachlichen Umstände nach Aktenlage zurück. Die Regelung dient der Sicherstellung der Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung.
Rz. 10
Durch Abs. 2 soll sichergestellt werden, dass den Unfallversicherungsträgern auch in den Fällen, in denen die Prüfung gemäß § 166 Abs. 1 dem Prüfdienst der gesetzlichen Rentenversicherung obliegt, die Informationen aus den Unternehmen zur Verfügung stehen, die zur Veranlagung der Unternehmen zu den Gefahrklassen und zu deren Änderung nötig sind.
Verletzt der Unternehmer seine Auskunftspflicht, hat der Unfallversicherungsträger die betrieblichen Verhältnisse einzuschätzen. Grundlage für die Einschätzung sind einerseits die Erkenntnisse und Erfahrungen aufgrund der Mitteilungen anderer Unternehmer nach § 192...