Rz. 30
Versichert sind nach Nr. 3 Personen, die sich auf Veranlassung des Unternehmens oder einer Behörde einer Untersuchung, Prüfung oder ähnlichen Maßnahme unterziehen. Die veranlasste Maßnahme muss in einem qualifizierten Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, d. h. der Vor- oder Nachbereitung der Tätigkeit, z. B. einer Beschäftigung oder Ausbildung, dienen. Hierfür nennt die Vorschrift 2 Tatbestandsalternativen: die Maßnahme muss entweder aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer nach § 2 versicherten Tätigkeit (Alt. 1) oder aufgrund Rechtsvorschrift nach Abschluss einer versicherten Tätigkeit (Alt. 2) erforderlich sein. Der Schutz nach Nr. 3 besteht nur bei erforderlichen Maßnahmen. Das sind normativ – allerdings auch durch untergesetzliche Normen oder allgemeinverbindliche Tarifverträge – angeordnete Maßnahmen z. B. zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. Geschützt sind Personen, die sich einer arbeitsmedizinischen Pflichtvorsorge unterziehen (§ 2 Abs 2 ArbMedVV; zur Versicherung während einer Schutzimpfung vor dienstlicher Auslandsreise nach Indien: SG Mannheim, Urteil v. 14.10.2015, S 9 U 556/15). Es muss sich aber nicht um eine "Pflichtuntersuchung" handeln (§ 4 ArbMedVV). Auch bei der Teilnahme an einer vorgeschriebenen und vom Arbeitgeber angebotenen Untersuchung nach § 5 ArbMedVV z. B. nach den von der DGUV erarbeiteten Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen "Bildschirmarbeitsplätze" (G 37) besteht Schutz nach Nr. 3. Ein Schutz besteht aber nicht, wenn Beschäftigte an einer von ihnen veranlassten "Wunschvorsorge" nach § 5a ArbMedVV teilnehmen.
Rz. 31
Schutz besteht während einer Untersuchung, die der Feststellung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands dient. Ärztliche Untersuchungen, auch Vorsorgeuntersuchungen, aufgrund von Arbeitsschutz- oder Unfallverhütungsvorschriften, z. B. nach §§ 32 f. JArbSchG, § 42 IfSG, § 60 StrlSchVO usw. sind einschließlich der erforderlichen Wege geschützt. Dagegen sind allgemeine medizinische Maßnahmen, die auf freiwilliger Basis ohne normative Vorgabe durchgeführt werden (z. B. Grippeschutzimpfungen), auch dann nicht versichert, wenn sie vom Unternehmen empfohlen und/oder finanziert werden (BSG, Urteil v. 31.1.1974, 2 RU 277/73).
Rz. 32
Prüfungen sind als solche bezeichnete Leistungs-, Lern- oder Fähigkeits- oder Wissenskontrollen aufgrund eines bestimmten Prüfungsverfahrens, das Voraussetzung für die Aufnahme der konkret in Aussicht genommenen versicherten Tätigkeit ist (Examen, Gesellenprüfungen, Ausbildereignungsprüfung, Führerscheinprüfung usw.). Auch die Prüfung muss alternativ von einem Unternehmen oder einer Behörde vor Ausübung oder nach Abschluss einer versicherten Tätigkeit "veranlasst" (Rz. 34) worden sein.
Rz. 33
Ähnliche Maßnahmen sind andere normativ vorgegebene Verfahren zur Überprüfung der Gesundheit, Eignung oder Leistungsfähigkeit vor Aufnahme oder nach Beendigung einer versicherten Tätigkeit, wie z. B. Explorationen, Gesundheits-Check, Testverfahren zur Einstellung, erforderliche Impfungen und Eignungsfeststellungstests. Insoweit käme Versicherungsschutz auch für eine vorgeschriebene sportliche Aufnahmeprüfung für den Polizeivollzugsdienst in Betracht. Der Tatbestand der Nr. 3 ist allerdings nicht erfüllt, wenn diese Prüfung nicht auf die Aufnahme einer versicherten Tätigkeit (insbesondere Beschäftigung), sondern der Aufnahme einer versicherungsfreien Tätigkeit dienen soll (LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 24.11.2008, L 8 U 69/07).
Rz. 34
Die Maßnahme muss durch das Unternehmen veranlasst werden, bei dem die versicherte Tätigkeit ausgeübt werden soll oder beendet worden ist. Sie kann auch von einer Behörde (z. B. Gesundheitsamt, Integrationsamt) veranlasst werden. In der Praxis wird der Proband von dem Unternehmen oder der Behörde eine Aufforderung erhalten, sich aus einem bestimmten Grund untersuchen oder prüfen zu lassen. Es genügt aber, wenn er mündlich oder auf andere Weise veranlasst wird, sich der Untersuchung, Prüfung oder ähnlichen Maßnahme zu unterziehen. Dagegen sind solche Personen nicht versichert, die sich ohne Veranlassung eines Arbeitgebers in einer Bildungsstätte weiterbilden und bei einer anderen Stelle (z. B. IHK, Handwerkskammer) eine Abschlussprüfung ablegen (SG Dortmund, Urteil v. 16.11.2005, S 36 U 78/04). Die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung oder Veranlassung muss der Adressat nicht prüfen. An einer Veranlassung fehlt aber es, wenn sich Personen allein aufgrund eigenen Entschlusses und ohne vorherige Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen oder der Behörde einer Maßnahme unterziehen (vgl. Franke, in: LPK-SGB VII, § 2 Rz. 20).